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Netzneutralität: Verteidigt von Trollen und hasserfüllten YouTube-Kommentatoren

Die Netzneutralität steht in den USA kurz vor dem Ende. Nach Jahren harter Arbeit haben es die Internet-Anbieter beinahe geschafft, das Internet kaputt zu machen. Nun sind jedoch die Trolle aufgewacht und bombardieren die zuständige Behörde mit Kommentaren.

Die Netzneutralität steht unter Beschuss. Zwar nicht nur, aber besonders in den USA. Dort arbeiten so ziemlich alle Internet-Anbieter (ISP) mit aller Kraft daran, dass die Netzneutralität abgeschafft wird. Durch diese Abschaffung hätte absolut jeder Nachteile, seien es normale Internet-Nutzer, Start-Up-Unternehmen oder riesige Weltmarktführer wie Microsoft oder Facebook. Lediglich rund zehn US-Unternehmen würden davon profitieren: Internet-Anbieter wie Comcast und AT & T.

Die Bedeutung der Netzneutralität

Die Prinzip der Netzneutralität sorgt dafür, dass alle Daten, die durch das Internet verschickt werden, gleich behandelt werden müssen. Der Internet-Anbieter darf zum Beispiel nicht die Inhalte der ZDF-Mediathek bevorzugen und die des privaten YouTube-Kanals benachteiligen. Er muss alle E-Mails mit der gleichen Geschwindigkeit weiterleiten und darf nicht die E-Mails eines teuren De-Mail-Kontos bevorzugen und die eines kostenlosen Web.de-Kontos verschicken, sobald er dazu Lust hat.

Mit dem Ende der Netzneutralität würde sich das ändern. Internet-Anbieter könnten Internetverbindungen und Daten mit unterschiedlichen Prioritäten handhaben. Wer die schnelle Verbindung will, muss deutlich mehr bezahlen. Wer nicht bezahlt, dessen E-Mail benötigt dann eben im schlimmsten Fall zwei Tage, bis sie ankommt.

Außerdem könnten die Internet-Anbieter Unternehmen die Preise diktieren, sonst wird die Verbindungsgeschwindigkeit für diesen speziellen Anschluss einfach gedrosselt. Möglich wird das, weil es in den USA zwischen den Internet-Anbietern beinahe keinen Wettbewerb gibt. 96 Prozent aller Amerikaner haben nur die Wahl zwischen zwei Anbietern oder weniger. Dabei gibt es in den USA rund zehn Unternehmen, die Haushalte und Büros mit einem Internet-Anschluss versorgen. Sie haben das Land aber unter sich aufgeteilt und expandieren nicht in das Revier der Konkurrenz. So gibt es zum Beispiel Comcast in San Francisco, nicht aber in Los Angeles. Warner Cable gibt es dagegen in Los Angeles, nicht aber in San Francisco. Bisher werden dadurch lediglich die monatlichen Beträge für den Internet-Anschluss nach oben getrieben. Nach dem Fall der Netzneutralität könnten die Anschluss-Anbieter dann auch Extra-Beträge für bestimmte Inhalte verlangen.

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Die FCC und die Netzneutralität

Bisher hat die US-amerikanische Internet-Regulierungsbehörde FCC dafür gesorgt, dass das Prinzip der Netzneutralität für alle Internet-Anbieter verbindlich ist. Verizon hat vor einigen Jahren dagegen geklagt und Recht bekommen. Ein Gericht stellte fest, dass es keine rechtliche Grundlage für die FCC gibt, dieses Prinzip durchzusetzen.

Während die FCC nun versuchte, die Deutungshoheit über die Netzneutralität zurückzuerlangen, traten die Lobbyisten der Internet-Anbieter auf den Plan. Die Unternehmen pumpten in den letzten Jahren Millionen in die Taschen der Politiker in Washington. Schließlich fruchteten die Bemühungen im letzten Jahr: Präsident Obama ernannte den Chef-Lobbyisten der Internet-Anbieter, Thomas Wheeler, zum neuen Chef der FCC. Dieser versucht nun die FCC im Sinne der Internet-Anbieter umzubauen – bisher mit relativ viel Erfolg.

Unternehmen und Netzaktivisten protestieren

Nahezu alle großen Technologie-Unternehmen, darunter Facebook, Microsoft, Google und Co. haben eine Petition zur Aufrechterhaltung der Netzneutralität wie wir sie kennen unterschrieben. Dazu protestieren seit Monaten Netzaktivisten gegen den neuen FCC-Chef und versuchen das Problem in das Bewusstsein ihrer Mitbürger zu bringen. Die FCC hat nun auf die anhaltenden Proteste reagiert und bietet den Aktivisten auf der eigenen Webseite eine Plattform an, um den Konflikt etwas zu entschärfen.

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John Oliver

Nun hat der Kabarettist John Oliver von dieser Feigenblatt-Aktion der FCC Wind bekommen und das Thema Netzneutralität in seiner TV-Show Last Week Tonight ausführlich behandelt. Er geht dabei auf die Bedeutung der Netzneutralität ein und geißelt die Internet-Anbieter für ihre asoziale Geschäftemacherei, die unser Internet zerstören könnten.

Ganz nebenbei weist Oliver in seiner Show auf die erfolgreiche Erpressung des Internet-Streaming-Dienstes Netflix durch den Internet-Anbieter Comcast hin. Dieser hatte offenbar zu Beginn des Jahres die Verbindungsgeschwindigkeit von Netflix gedrosselt, bis das Unternehmen auf die Bedingungen Comcasts eingegangen war. Direkt nach Abschluss des Vertrages im Februar 2014 ging die Download-Geschwindigkeit auf wundersame Weise wieder nach oben. Ermittlungen wurden bisher keine gestartet.

Aufruf an die Internet-Kommentatoren

Am Ende des Segments über die Netzneutraliät ruft Oliver die Internet-Kommentatoren auf, die FCC-Seite mit Kommentaren zu bombardieren. Sie hätten schließlich ihr ganzes Leben auf diesen Moment hin trainiert. All die Beleidigungen, die diese „Monster“ unter nur jedes erdenkliche YouTube-Video geschrieben hätten, seien es kleine niedliche Kinder oder Tokyo-Hotel-Fans, waren die Vorbereitung auf diesen Moment. Die Kommentatoren sollen „ihre ungerichtete Wut einmal in ihrem Leben in eine nützliche Richtung lenken und die Umschalttaste drücken“.

Und was soll man sagen, es hat funktioniert. Die Kommentarseite der FCC ist gestern unter dem Ansturm von mehr als 700.000 Kommentatoren zusammengebrochen. Wir sind stolz auf alle Trolle und Kommentatoren, die sich an der Aktion beteiligt haben.

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