Quelle: https://www.tech.de/node/94145

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Datum: 19.09.2017

Der große Objektiv-Guide: Mit der passenden Optik zum gelungenen Foto

Der große Objektiv-Guide: Mit der passenden Optik zum gelungenen Foto

Monatelang haben Sie sich in Internetforen und Fachzeitschriften durch etliche Artikel gewühlt, auf der Suche nach der perfekten Kamera. Schließlich haben Sie das passende Model gefunden, nur um festzustellen, dass die Auswahl des richtigen Objektivs einen ähnlich lange Suche mit sich bringen könnte. 

Die Qualität eines gut gelungenen Fotos hängt nicht nur von der Kamera, sondern maßgeblich auch vom verwendeten Objektiv ab. Für Spiegelreflex- und spiegellose Systemkameras bieten die Hersteller diverse Optiken für unterschiedlichste Aufgabenbereiche an. Doch was unterscheidet diese Spezialisten vom Kit-Objektiv, das Ihrer Kamera beilag? Welche Modelle sind empfehlenswert? Und vor allem: Für welche Motive eignen sich welche Optiken am besten? Auf den Folgeseiten liefern wir Ihnen die Antworten auf all diese Fragen. 

Produkthinweis

Canon EF 50mm F1.8 STM Objektiv (58mm Filtergewinde) schwarz

Weitläufige Landschaften, große Gebäude – ist der Bildausschnitt zu klein, wirkt ein solches Motiv auf dem Foto gar nicht so imposant wie in der Natur. Abhilfe verschaffen Weitwinkelobjektive, die imposante Bildwinkel möglich machen.

So weit, so klar: Möchten Sie einen möglichst großen Bildausschnitt fotografieren, wählen Sie die kleinstmögliche Brennweite, die das angelegte Objektiv zu bieten hat. Leider ist bei Kit-Objektiven trotz einer Anfangsbrennweite von 18mm der Bildausschnitt längst nicht so groß, wie man sich das bei Landschaftsfotos wünschen würde. Schuld ist der sogenannte Crop-Faktor, der dafür sorgt, dass bei Kameras mit einem APS-C-Sensor der Bildausschnitt viel kleiner ist als bei Kameras mit einem Vollformatsensor. Noch extremer ist dieser Effekt sichtbar, wenn Sie mit einer spiegellosen Systemkamera von Olympus oder Panasonic (mit MFT-Bildsensor) fotografieren – hier verlängert der Sensor die Brennweite um das Zweifache. Muss man also auf weitläufige Landschaftsfotos verzichten, wenn man keine teure Vollformatkamera zur Verfügung hat? Natürlich nicht! Jedoch ist es nötig, sich ein spezielles Weitwinkelobjektiv mit einer sehr kurzen Brennweite von z. B. 10mm zuzulegen. Solche Weitwinkelobjektive ermöglichen einen deutlich größeren Bildausschnitt bei Ihren Aufnahmen. Das ist nicht nur für Landschaftsfotos praktisch, sondern beispielsweise auch für Gruppenaufnahmen und Architekturfotos. Ohne dass Sie beim Fotografieren immer weiter nach hinten gehen müssen, passt mit einem Weitwinkelobjektiv alles aufs Foto, was Sie abbilden möchten.

Fotografieren mit dem Weitwinkel

Falls Sie noch keine Erfahrungen mit einem Weitwinkelobjektiv haben, werden Sie bei Ihren ersten Fotos auf einige Überraschungen stoßen. So ist es bei Weitwinkelbildern typisch, dass Motive, die sich in unmittelbarer Nähe des Objektivs befinden, überproportional groß abgebildet werden. Falls unerwünscht, sollten Sie darauf achten, beim Fotografieren immer einige Meter Entfernung zum Motiv einzuhalten. Sie können aber diesen Effekt auch für kreative Fotos nutzen! Ansonsten kommen Weitwinkelobjektive natürlich hauptsächlich bei Landschaftsfotos zum Einsatz. Hier empfiehlt es sich, bei der Motiv- und Perspektivauswahl darauf zu achten, dass Sie Elemente im Vordergrund (Blumen, Parkbank, Baum im Anschnitt) in das Bild integrieren, um dem Foto mehr Tiefe zu geben.

Wer Fotos machen möchte, die möglichst natürlich wirken, sollte auf die sogenannte Normalbrennweite zurückgreifen. Lesen Sie hier, wie die Brennweite zu ihrem Namen gekommen ist und welche Objektive diese abdecken.

Die Normalbrennweite ist die Brennweite, die eingestellt werden muss, damit der Bildwinkel des Fotos unserem Sehempfinden am Nächsten kommt. Ein Foto zeigt in dem Fall also in etwa den Bildausschnitt, den wir von unserer Umgebung auch mit unseren Augen bewusst wahrnehmen. Das Bild wirkt deshalb natürlich und realistisch. Berechnet wird die Normalbrennweite nach einer einfachen Formel. Sie entspricht der Diagonalen des Aufnahmeformats. Bei einem Vollformatsensor, der 36 x 24 mm misst, ist die Normalbrennweite 43mm. Bei einer Kamera mit MFT-Sensor (bei Sony z. B.) liegt sie hingegen bei 21,5 mm. Nicht nur aufgrund des Bildwinkels wirken Fotos, die mit Normalbrennweite aufgenommen wurden, auf uns so natürlich. Bei dieser Brennweite werden die Proportionen der abgebildeten Objekte und deren Entfernungen zueinander nämlich korrekt wiedergegeben und nicht verfälscht. Fotografieren Sie hingegen mit einer Telebrennweite, wird das komplette Motiv verdichtet. Entfernungen zwischen Objekten auf dem Bild werden kleiner dargestellt, als sie eigentlich sind. Den gegenteiligen Effekt erzielt man mit einer Weitwinkelbrennweite. Dann nämlich erscheinen Abstände größer als in der Realität. Das komplette Motiv wirkt weitläufiger. Aus diesen Gründen wird die Normalbrennweite gerne dann eingesetzt, wenn die Umgebung möglichst unverfälscht fotografisch wiedergegeben werden soll.

Was zeichnet Normalobjektive aus?

Festbrennweiten-Objektive, die die Normalbrennweite abdecken, werden umgangssprachlich auch Normalobjektive genannt. Dabei hält man sich nicht exakt an die mathematische Berechnung. Stattdessen werden Festbrennweiten mit 50mm (bei APS-C-Kamera 35mm) als Normalobjektive bezeichnet. Aufgrund ihrer Eigenschaften, einen Bildausschnitt und Proportionen natürlich wiederzugeben, eignen sich die Modelle als „Immer-drauf “-Objektive. Die erfahrenen Profis empfehlen sogar, als Fotoeinsteiger mit einem Normalobjektiv mit einer Festbrennweite anzufangen. So kann man nicht zoomen, sondern man muss für das beste Foto näher ans Motiv herangehen, sich darum bewegen und verschiedene Blickwinkel ausprobieren.

Wenn man nicht näher ans Motiv dran kann, hilft nur noch ein Telezoomobjektiv. Damit lassen sich auch aus großer Entfernung Motive formatfüllend ablichten. Doch die Zoomobjektive haben noch eine Menge mehr zu bieten.

Auf dem Baum im Nachbargarten lugt gerade ein Eichhörnchen hinter dem Stamm hervor. Jetzt heißt es: Schnell auslösen und keinen Mucks von sich geben, um das scheue Tier nicht zu verschrecken. Ohne ein Teleobjektiv sind Wildtierfotos in Großaufnahme kaum möglich, denn man muss als Fotograf einen gebührenden Abstand zum Motiv einhalten. Sonst ist es blitzschnell verschwunden. Telezoomobjektive bieten in der Regel einen Brennweitenspielraum von 70-200mm. Damit lassen sie sich sehr universell einsetzen. Die lange Brennweite von 200mm und mehr ist perfekt für Wildtieraufnahmen oder Sportfotos, bei denen man als Fotograf aus einem gewissen Abstand fotografieren muss – etwa beim Fußball von der Seitenlinie. Die kürzeren Brennweiten zwischen 70 und 100mm hingegen sind perfekt für Porträtaufnahmen geeignet. 85mm gilt immer noch als traditionelle Porträtbrennweite, weil sie das Motiv leicht komprimiert und die Abbildung des Models vor einem unscharfen Hintergrund möglich macht. Telezoomobjektive sind also wahre Allrounder. Das gilt vor allem deshalb, weil man mit den Teleobjektiven sehr gut kreativ fotografieren kann. Bei Telebrennweiten wird die Entfernung zwischen Motiven im Vorder- und Hintergrund gestaucht. Vorder- und Hintergrund scheinen also näher zusammenzurücken. So wirkt z. B. ein Landschaftsfoto viel dichter als mit einem Weitwinkelobjektiv.

Teure Objektive für Anspruchsvolle

Hochwertige, lichtstarke Telezoomobjektive sind verhältnismäßig teuer. Das hat den Grund, dass die Konstruktion dieser Optiken sehr aufwendig ist. Zudem müssen hochwertige Bildstabilisatoren verbaut werden, damit die Fotografen möglichst auch bei langen Brennweiten ohne Stativ verwacklungsfrei fotografieren können. Preise von rund 1.500 Euro sind bei diesen Objektiven deshalb eher die Regel als die Ausnahme. Ein Tipp für Schnäppchenjäger: Tamron bietet für Canon und Nikon-DSLRs mit dem Objektiv SP 70-200mm F/2.8 Di VC USD ein etwas günstigeres Modell an. Rund 900 Euro müssen Sie hier für den Kauf einplanen. Daher gilt insgesamt: Telezoomobjektive sind eher etwas für fortgeschrittene Fotografen.

Porträtfotos mit unscharfem Hintergrund kann man natürlich auch mit einem Kit- und einem Reisezoomobjektiv machen. Spezielle Porträtobjektive spielen jedoch in einer ganz anderen Liga. Warum, erklären wir hier.

Die Brennweite von 85mm gilt traditionell als die optimale Porträtbrennweite. Und das aus mehreren Gründen. Der Fotograf muss dem Model nicht direkt vor der Nase herumtanzen, und bekommt trotzdem einen schönen, großen Bildausschnitt vom Schulterbereich aufwärts. Zudem schmeicheln die Proportionen dem Model bei dieser Brennweite. Und ein weiterer Vorteil: Die Entfernung zwischen unscharfem Hintergrund und dem scharf abgebildeten Model ist kleiner als bei einer Normalbrennweite. Das sorgt für eine tolle Tiefenwirkung! 85mm sind also eine empfehlenswerte Brennweite für Schulter- und Kopfporträts. Und aus diesem Grund werden 85mm-Festbrennweiten auch Porträtobjektive genannt. Das gilt allerdings nur für Vollformatkameras. Bei allen anderen Bildsensoren muss der Crop-Faktor berücksichtigt werden. So wäre beispielsweise bei einer CSC-Systemkamera mit MFTSensor die ideale Brennweite 42,5mm (sprich 42,5 x 2 für den Crop-Faktor = 85mm). Die optimale Brennweite ist jedoch nur ein Grund, warum anspruchsvolle Fotografen auf ein Porträtobjektiv setzen und nicht einfach die entsprechende Brennweite an einem beliebigen Zoomobjektiv einstellen. Der große Unterschied zwischen Spezial-Objektiven und Allroundern ist nämlich die Lichtstärke. Und diese ist für schöne Porträtaufnahmen von entscheidender Bedeutung. Je höher die Lichtstärke ist, desto feiner können Sie die gewünschte Schärfentiefe beim Fotografieren einstellen. So werden mit einem lichtstarken Objektiv beispielsweise Porträtaufnahmen möglich, bei dem Sie bewusst nur auf die Augenpartie Schärfe legen, um den Blick des Betrachters darauf zu lenken.

Die Bokehform ist entscheidend

Porträtobjektive unterscheiden sich von Standardzooms noch in einem weiteren wichtigen Punkt. Durch die Verwendung von mehreren Blendenlamellen, die sich je nach Blendeneinstellung öffnen und schließen, werden die sogenannten Zerstreuungskreise im unscharfen Bildhintergrund rund dargestellt. Das sorgt für eine ruhige, harmonische Bildwirkung. Günstige Objektive hingegen müssen mit weniger Lamellen auskommen, wodurch Lichter im Hintergrund kantig erscheinen.

Die spannendste Motivwelt finden Sie nicht in fernen, exotischen Ländern, sondern direkt in Ihrer Nähe: im Garten, an einem See oder im Wald. Insekten, Tiere, Pflanzen und Blumen entdecken Sie durch die Makrofotografie völlig neu!

Warum ein teures Makroobjektiv kaufen, wenn das Reisezoom doch eine Makro-Funktion hat? Tatsächlich findet man auf vielen Zoomobjektiven die Aufschrift „Makro“, doch mit einem echten Makroobjektiv haben diese Modelle trotzdem nur wenig gemeinsam. Diese Objektive erzielen durch optische Tricks einen Abbildungsmaßstab von etwa 1:4, indem sie es möglich machen, dass man näher an das Motiv herangehen kann, als wenn der Makromodus nicht aktiviert ist – sie bieten also eine verringerte Naheinstellgrenze. Damit dieser Abbildungsmaßstab erreicht wird – normale Objektive erreichen eigentlich nur Werte zwischen 1:7 und 1:10 –, werden innerhalb des Objektivs Linsengruppen verschoben. So sollen Abbildungsfehler bei sehr nahen Motiven vermindert werden.

Makroobjektiv statt Makro-Funktion

Echte Makroobjektive bieten einen Abbildungsmaßstab von 1:1 und sind für den Nahbereich optimiert – sprich die Naheinstellgrenze ist geringer als bei anderen Objektiven. Modelle mit 35, 50, 60, 100 und auch 180mm Brennweiten werden standardmäßig angeboten. Doch warum gibt es überhaupt unterschiedliche Brennweiten bei Makroobjektiven? Im Prinzip ganz einfach: Je nach Motiv und gewünschter Abbildungsgröße braucht man eine andere Brennweite. Bei manchen Tieren muss man als Fotograf eine Fluchtdistanz einhalten und kann sich nicht einfach auf wenige Zentimeter nähern. Zusätzlich unterscheiden sich die Brennweiten natürlich auch in Bezug auf ihre Tiefenwirkung. Während Telebrennweiten ein Motiv eher verdichten, erzielt man mit einem Makro mit Normalbrennweite eine völlig andere Bildwirkung. Nicht vergessen darf man bei Makrolinsen, dass man diese längst nicht nur für Großaufnahmen von Flora und Fauna nutzen kann. Die Objektive lassen sich problemlos auch für andere Motive entsprechend der angegebenen Brennweite nutzen. So ist ein Makroobjektiv mit 100mm Brennweite auch ein prima Porträtobjektiv für ein tolles Bokeh im Hintergrund. Diese Vielseitigkeit macht den mitunter hohen Kaufpreis doch gleich viel erträglicher!