Quelle: https://www.tech.de/news/drohendes-whatsapp-verschluesselungsverbot-de-maiziere-geht-nicht-um-terrorismus-10091790.html

Autor: Martin Grabmair

Datum: 24.08.2016

Kommentar

Drohendes WhatsApp-Verschlüsselungsverbot: de Maizière geht es nicht um Terrorismus

Der deutsche und der französische Innenminister, de Maizière und Cazeneuve, haben wie erwartet in einer gemeinsamen Erklärung ein EU-weites Anti-Verschlüsselungsgesetz gefordert. Dieses Gesetz zielt vor allem auf WhatsApp und Telegram ab. Allerdings geht es bei dem Gesetz nicht darum Terror-Anschläge zu verhindern. Das ist nur der Vorwand. Eigentlich geht es darum, eine nutzlose Illusion von Sicherheit aufzubauen.

Der französische und der deutsche Innenminister haben nun wie angekündigt Hintertüren in verschlüsselter Kommunikations-Software, namentlich bei Telegram und WhatsApp, gefordert. Sicher verschlüsselte Kommunikation würde es Sicherheitsbehörden sehr schwierig und in vielen Fällen unmöglich machen, Pläne von Terroristen für Anschläge zu entdecken und diese zu verhindern. Thomas de Maizière und Bernard Cazeneuve fordern deshalb, dass die Europäische Kommission ein Gesetz entwirft, das Unternehmen dazu zwingen würde „Nachrichten zu entschlüsseln“.

Nun haben WhatsApp und Co. natürlich absolut keinen Grund, so einem Gesetz Folge zu leisten. Die meisten Kommunikations-Apps sitzen nicht in Europa. Im schlimmsten Fall dürften die Unternehmen ihre Apps in der EU nicht mehr anbieten. Terroristen werden jedoch immer einen Weg finden, eine verschlüsselte Kommunikation aufzubauen und einfach auf andere Methoden zurückgreifen oder sich WhatsApp und Telegram aus dem App Store eines anderen Landes installieren.

Anti-Verschlüsselungsgesetze hätten bei keinem der Anschläge der letzten 12 Monate einen Effekt gehabt

Bei den drei deutschen Attentaten im Juli in Deutschland hätte ein Einblick in die Kommunikation wohl sowieso nichts gebracht, weil es sich um Einzeltäter handelte. Bei den Anschlägen in Paris im letzten Herbst haben die Täter zudem unverschlüsselt kommuniziert und wurden trotz umfangreicher Vorratsdatenspeicherung nicht gefasst. Beim Mord eines französischen Priesters vor einigen Wochen trug einer der Täter eine Fußfessel mit GPS-Tracker. Die Behörden haben diese Person also rund um die Uhr überwacht und trotzdem versagt. In Nizza war offenbar wieder ein Einzeltäter am Werk. Eine Aushebelung von Verschlüsselung hätte somit ziemlich sicher bei allen Anschlägen in der EU in den vergangenen zwölf Monaten rein gar keinen Effekt gehabt.

Da die Innenminister nicht dumm sind und ziemlich sicher Experten beschäftigen, die sich mit dieser Materie auskennen, dürften auch de Maizière und Cazeneuve genau wissen, dass ihre Forderung Nonsens ist. Hintergrund ist dagegen etwas Anderes: Die Innenminister wollen dank dieser geforderten Maßnahme dafür sorgen, dass die Masse an Bürgern keine sicher verschlüsselte Kommunikation verwendet. Es ist der feuchte Traum von vielen Sicherheitsbehörden, denen in der Regel die Innenminister vorstehen, einfach alles überwachen zu können. Der Grund hierfür ist weniger die Öffentliche Sicherheit, sondern vielmehr das Bedürfnis nach absoluter Sicherheit, die zwar nicht gewährleistet werden, aber zumindest als Illusion hergestellt werden kann – und das alles natürlich auf Kosten des Grundrechts der Privatsphäre zugunsten eines wirkungslosen „Supergrundrechts Sicherheit“. Die Jagd nach Terroristen ist somit nur ein Vorwand und damit eine Lüge.