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Moto G im Test: Unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis

Günstige Android-Smartphones haben nicht eben den besten Ruf. Das will Motorola mit dem Moto G ändern: Für unter 200 Euro bekommt ihr überraschend brauchbare Hardware und ein (fast) aktuelles Android. Warum das Moto G trotz diverser Einschränkungen ein Budget-Kracher ist, verrät unser Test.

Nach der Übernahme durch Google will sich Motorola von früheren Fehlschlägen erholen und mit der neuen Moto-Reihe die Gunst der Android-Fans zurückgewinnen. Während das Moto X leider nicht den Sprung über den großen Teich geschafft hat, haben die Amerikaner mit der Ankündigung des Moto G für einen Paukenschlag gesorgt: Zum Kampfpreis von 169 Euro verkauft Motorola ein Android-Smartphone mit HD-Display, sehr guter Verarbeitung und ordentlicher Performance. Wer mit 8 GB Speicher nicht zurechtkommt, erhält für 30 Euro mehr die 16 GB-Variante. Doch wie schlägt sich der Preisbrecher im Alltag? Wir haben den Test gemacht.

Gehäuse: Alles andere als billig

Rein äußerlich deutet beim Moto G nichts darauf hin, dass es sich hier um ein vergleichsweise billiges Smartphone handelt. Das Handy fühlt sich absolut hochwertig an und liegt trotz des vergleichsweise hohen Gewichts von 143 Gramm hervorragend in der Hand. Das liegt vor allem am leicht gewölbten Deckel auf der Rückseite, der mit ein paar Handgriffen gegen ein Cover in einer anderen Farbe ausgetauscht werden kann. Zwar ist das Moto G mit Außenmaßen von 130 x 69 Millimetern und der maximal Dicke von 11 Millimetern größer als die Mini-Modelle von Samsung oder HTC, im Vergleich zu den aktuellen 5-Zollern wirkt es aber dennoch vergleichsweise handlich.

Hinter dem Deckel findet auch die Micro-SIM-Karte Platz; einen Slot für eine SD-Karte hat Motorola leider ebenso wegrationalisiert wie die Möglichkeit, den Akku zu tauschen. Ansonsten ist das Moto G wie schon das Nexus 5 oder auch das iPhone 5C ein weiterer Beweis dafür, dass Smartphones nicht unbedingt aus Aluminium gefertigt sein müssen, um sich nicht billig anzufühlen. Besonders im direkten Vergleich mit anderen Vertretern seiner Preisklasse, etwa dem Galaxy S3 Mini oder einem LG Ascend Y300 wird deutlich, welche Wertarbeit Motorola mit dem Moto G geleistet hat: Nichts knarzt oder klappert, die rechts untergebrachen Buttons für Lautstärke und zum Ein- und Ausschalten haben einen nahezu perfekten Druckpunkt und auffällige Spaltmaße sind ebenfalls nicht vorhanden.

Von vorne betrachtet präsentiert sich das Moto G schlicht und erinnert mit seiner schwarzen Glasfront ein wenig an das Nexus 4. Auf der Rückseite fällt neben der mittig platzierten Kamera nebst LED-Blitz vor allem das leicht eingelassene Motorola-Logo auf, das beim Halten einen Orientierungspunkt für den Finger bietet.

Display: Knackscharfes Highlight

Die wohl größte Revolution im Einsteigerbereich gelingt Motorola mit dem Display des Moto G: Dieses löst mit 720p auf und bietet auf seinen 4,5 Zoll damit die beeindruckende Pixeldichte von 329 ppi, was sogar das marketingträchtige Retina-Display des iPhones knapp übertrifft. Auch die Farbwiedergabe des LCD-Screens kann durchaus überzeugen. So sind alle Farbtöne kräftig, auch wenn weiße Flächen einen minimalen Blauton aufweisen.

Die Schwarzdarstellung reicht nicht ganz an die AMOLED-Konkurrenten heran, ist aber dennoch überzeugend kräftig. Lediglich in Sachen Helligkeit dürften sich anspruchsvolle Naturen ein wenig mehr wünschen, dennoch lässt sich das Moto G bei maximaler Helligkeitsregelung auch bei Sonnenlicht nutzen. Da auch die Blickwinkelstabilität überzeugen kann ist das HD-Display ein echtes Highlight des Motorola-Neulings.

Software: Wie ein Nexus light

Android-Puristen wird freuen, dass die Oberfläche vom Moto G praktisch unverändert vom Grund-Android übernommen wurde. Bei Auslieferung läuft der Neuling unter Android 4.3, ein Update auf Android 4.4 (alias KitKat) ist aber bereits für Januar 2014 angekündigt. In den USA wird das Update bereits ausgeliefert. Gegenüber dem Stock-Android hat Motorola lediglich ein paar Software-Dreingaben vorinstalliert, die erfreulich nützlich sind.

So hilft Motorola Migrate dabei, Kontakte und andere Daten vom alten Handy auf das Moto G zu übertragen. Praktisch ist Moto Assist: Im Stil von Google Now kann die App das Handy nachts oder in während eines Termins automatisch stummschalten (die Daten werden aus dem Kalender des Handys übernommen). Zwar bietet der Play Store hier mächtigere Alternativen wie beispielsweise Tasker, dennoch ist Assist eine sinnvolle Dreingabe. Das gilt auch für die Möglichkeit, durch Registrierung eines Motorola-Kontos ein verlorenes Smartphone zu orten oder direkten Support bei Problemen zu erhalten.

Extrafunktionen wie die Sprachsteuerung des US-exklusiven Bruders Moto X fehlen beim kleineren Neuling, auch die Gestenaktivierung wurde gestrichen. Davon abgesehen macht Android auf dem Moto G eine hervorragende Figur. Falls Motorola seine recht offensiv formulierten Versprechen einhält und zeitnahe Updates für das Moto G ausliefert, kann das Smartphone seine Stärken gegenüber der Konkurrenz noch mehr ausspielen – die Versprechen werden allerdings nach dem Release oft vom Hersteller vergessen.

Multimedia: Kamera-Schwächling

Wer wissen will, wo Motorola den Rotstift angesetzt hat, muss lediglich ein Foto mit dem Moto G aufnehmen: Die 5 Megapixel-Knipse produziert nur mit ruhiger Hand und optimalen Lichtverhältnissen brauchbare Bilder. Sobald sich etwas auf dem Motiv bewegt oder ihr bei schwächeren Lichtverhältnissen aufnehmt, lässt die Qualität rapide nach. Zwar bietet die Kamera-App Zusatzeinstellungen wie die Aufnahme von HDR-Bildern, die Anpassung der Helligkeitsmessung oder die Aufnahme Slowmotion-Videos, in der Praxis taugt die Kamera aber bestenfalls für anspruchslose Schnappschüsse oder um Erinnerungsbilder für Apps wie Google Keep zu knipsen.

Unabhängig davon werden Multimediafans allein schon deshalb keine große Freude am Moto G haben, weil der interne Speicher maximal Platz für 4,6 GB (8 GB-Version) bzw. 11,3 GB (16 GB-Version) bietet und damit vergleichsweise schnell mit Musik und Videos gefüllt ist. Immerhin lassen sich Medien per USB-OTG-Kabel von einem USB-Stick abspielen; dazu könnt ihr Tools wie den Nexus Media Importer oder den ES File Explorer nutzen. Die Hardwareleistung des Moto G genügt, um mit Apps wie XBMC oder dem MX Player auch in 1080p codierte Videos ruckelfrei abzuspielen. Der verbaute Lautsprecher ist laut genug, neigt aber bei hohen Lautstärken zum Knarzen. Wer das Moto G mit einem Kopfhörer verbindet, kann darüber übrigens auch FM-Radio empfangen.

Leistung: Schnell genug mit Funk-Abstrichen

Skeptiker rechnen bei günstigen Androiden fast zwangsläufig mit einer ruckelnden Bedienung – doch wir können Entwarnung geben: Android 4.3 läuft auf dem Moto G absolut rund, selbst im vorinstallierten Chrome-Browser können wir keine Ruckler feststellen. Die verbaute Snapdragon 400-SoC verrichtet in Kombination mit der Adreno 305-GPU und unterstützt durch 1 GB Ram einen mehr als respektablen Job. Natürlich reicht die Performance nicht ganz an Top-Smartphones wie dem Nexus 5 oder dem Xperia Z1 heran, dennoch ist der Android-Alltag auf dem Moto G den meisten Einsteige-Smartphones überlegen.

Überraschenderweise funktionieren selbst Spiele auf dem Motorola-Neuling gut, sodass beispielsweise Real Racing 3 oder Dead Trigger 2 nahezu ruckelfrei laufen. Die Benchmark-Ergebnisse bestätigen den ordentlichen Eindruck: Im Antutu 4-Test erreicht das Moto  17283 Punkte und liegt damit kurz vor dem Nexus 4 und knapp hinter dem Samsung Galaxy S3 (nur zum Vergleich: Der Vorjahres-Kracher aus Südkorea kostet immer noch rund 300 Euro).

Abstriche gibt es hingegen bei den Funkverbindungen: Auf schnelles WLAN in AC-Netzwerken müsst ihr beim Moto G ebenso verzichten wie auf NFC oder auch die Unterstützung für LTE-Netze. Die maximale Downloadrate im Mobilfunknetzen ist auf 21 Mbit/s begrenzt und damit langsamer als das Nexus 4 oder Konkurrenten wie das S3 Mini, die optional sogar mit LTE zusammenarbeiten. Das Moto G empfiehlt sich daher eher in Kombination mit Prepaid-Tarifen, die meist auf Downloadraten von 7,2 Mbit/s beschränkt sind. Beim Telefonieren gibt es nicht allzuviel auszusetzen: Der Empfang ist stets klar, lediglich der Angerufene klingt durch die Ohrmuschel ein wenig dumpf.

Ganze Arbeit hat Motorola bei der Akkulaufzeit geleistet: Fast 9 Stunden läuft unser Testvideo bei 50 prozentiger Displayhelligkeit. Doch auch in der Praxis überzeugt der stromsparende SoC und hält in unseren Tests problemlos einen Arbeitstag mit mehr als 6 Stunden eingeschaltetem Bildschirm durch – hier machte sich wohl auch der Verzicht auf LTE und Co. bemerkbar.

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