Test

Test: Erica Synths Black System III - Kein Schnäppchen, aber hammer Teil!

In zuverlässiger Regelmäßigkeit liefert Hersteller Erica Synths nicht nur neue Module, sondern jene auch als ­Performance-orientierte Komplettsysteme im stabilen Koffer. Perfekt für Einsteiger oder doch eher für Enthusiasten? Wir schauen uns das neue „große Schwarze“ genau an ...

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Wie die Komplettsysteme zuvor kommt auch das aktuelle im schicken, stabilen Koffer und einer ordentlichen Sammlung an Patchkabeln daher. Die sind zwar konsequent schwarz, sodass sich das Patchen durchaus anspruchsvoll gestalten kann, aber wenn schon puristisch, dann richtig, oder?

Was ist drin?

Zusammengefasst bietet das Rack drei Oszillatoren, zwei Filter, eine Hüllkurve, einen Modulator, ein Delay und einen Multieffekt, den Black Sequencer, sowie diverse Tools wie Mixer, Splitter und den Joystick, der weit mehr kann als nur X- und Y-Koordinaten zu versenden. Auf die technischen Details gehen wir gleich noch weiter ein, gehen es zunächst aber musikalisch an. Erica Synths sehen ihre Systeme gern als Experimentierfelder und vor allem Drone-Generatoren mit Anfass- und Schraubfaktor. Das trifft in diesem Falle durchaus zu, würde alleine aber der Vielfalt nicht gerecht. Nicht zuletzt dank des Sequenzers spielen Pattern-basierte Sounds und Hooklines eine mindestens ebenso große Rolle.

Die Klangerzeugung kann mit dem Wavetable- und den beiden VCO2-Modulen von wohlig-warmen Bässen, Supersaws, Reese-Bässen bis zu digital-schroffen und klirrenden Glöckchen alles liefern, was das Herz begehrt. Sogar Pads und Akkorde sind möglich, mit gewissen Einschränkungen in der Polyphonie versteht sich. Schaltet man beide Filter in Reihe und moduliert deren Cutoff, sind feinste Growl-Bässe machbar, vor allem im Zusammenspiel mit dem Wavetable-VCO. Letzter bietet von Werk aus 16 Wavetables, die sich über separat erhältliche ROM-Chips erweitern lassen. Dazu gibt es einen Suboszillator, der manche für Wavetables so typisch dünne Digitalsounds mit Wumms versorgt und sogar einen Bitcrusher, der das Spektrum an Sounds enorm erweitert.

Filter und Effekte

Das Multimode-Filter liefert mit Low-, High- und Bandpass solide Basiskost, die dank Drive und richtig knackiger Resonanz ordentlich aufgewertet wird. Das LPG-Modul bietet wiederum ein an Buchla angelehntes Lowpass-Modell, das jedoch per extra Reso-Drive-Switch eine Art Resonanz-Overdrive hinzu schaltet. Die Resultate reichen von angenehm blubberig bis mächtig kreischend. Außerdem ist noch ein eigenes Decay an Bord, was angesichts einer einzigen Hüllkurve im gesamten Koffer intensive Nutzung findet.

Zum weiteren Verfeinern der Klänge stehen das Delay und ein Multieffekt-Modul zur Verfügung. Ersteres kann neben einfachen Echos auch satte Tape- und Ping-Pong-Delays mit modulierbaren Zeiten und Intensitäten liefern. Die besten Features daran sind aber der Hold-Modus mit bis zu 40 Sekunden Sampling-Zeit, der per Overdub immer weitere Loops schichten kann, sowie eine Reverse-Funktion. Als i-Tüpfelchen sind diese Funktionen sogar per CV triggerbar. Definitiv das ultimative Modul zum Erzeugen von Drones, Dub-Atmosphäre und extrem dichten Soundteppichen! Das Black Hole DSP2 kann ebenfalls Delays erzeugen, sogar auf neun verschiedene Arten von normal bis granular oder extrem experimentell, und hat überdies sieben Reverbs sowie Chorus, Flanger für metallene Sounds, Phaser, Overdrive, Pitchshifter und weitere - insgesamt 24 - Effekte an Bord, die sich allesamt über jeweils drei Parameter konfigurieren lassen. Dabei sind nicht nur diese modulierbar, sondern auch die Auswahl des Effekttyps selbst.

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Das Herz: der Sequenzer

Bieten die bisher genannten Features schon Stoff für viele Wochen Kurzweil, hebt der Sequenzer die Klangerzeugung auf ein komplett neues Level. Vier unabhängige Patterns mit bis zu 64 Schritten lassen sich hier programmieren, sowohl mit variablem Gate und extra Modulationsspur, als auch Wahrscheinlichkeiten, Step-Repeats für Glitches und Staccatos oder aber auch Retro-Arpeggios à la C64 dank Mini-Arpeggios pro Step. Die Richtung der Wiedergabe kann variieren und Swing ist auch dabei. Das Allerbeste aber ist der Magic-Button, mit dem sich beliebige Parameter in einem definierbaren Rahmen zufällig auswürfeln lassen. Statt ungerichtetem Chaos werden also beispielsweise nur Glides pro Step gewürfelt oder nur die Tonhöhen oder eben nur die Arpeggios. Alle Features des Sequenzers aufzulisten, würde den Rahmen sprengen. Er ist für uns definitiv das Highlight des Systems und erweitert die Klanggewalt des Systems um ein Vielfaches. Auch gibt es selten es so viele höchst effektive Features auf so kleinem Raum bei so einfacher und intuitiver Bedienung. Großes Kompliment!

Und wie klingt es?

Kurzum: fantastisch. Der Grundsound der beiden VCO2-Module ist satt und dank Shape-Modulatoren sowie dem Eingang für Frequenzmodulation auch enorm reichhaltig. Das Wavetable-Modul ist mit Sub-Oszillator und Bitcrusher ebenfalls eine runde Sache und geht klanglich eher in Richtung Xfer Serum als in Richtung PPG oder anderer typischer Wavetable-Synths wie etwa von Waldorf. Also knackig statt weich und auf jeden Fall mit eigener Note.

Durch die Kombination der Synthese mit Sequenzer, Filtern, Effekten wird letztlich so ziemlich jeder denkbare Sound möglich: Neben den schon genannten Akkorden, Pads, Growl-Bässen und Retro-Arps sind selbst Drums und Percussion kein Problem, sogar gleich inklusive Patterns. Bass- und Hooklines sind bei der gebotenen Komplexität schon beinah unter der Würde des Systems. Rein stilistisch betrachtet ist es kompatibel zu jeder erdenklichen Spielart der Elektronik, ganz besonders wohl fühlt es sich aber dort, wo bewegte und sich permanent verändernde Klänge gebraucht werden. Bei endlos variierenden Techno-Sequenzen, rauen Lead-Sounds, spacigen Effekten und natürlich düsteren Texturen und Drones lässt sich das Potenzial am meisten ausschöpfen.

Der größte Nachteil des Systems liegt in der Natur der Sache: Die Sounds sind nicht speicherbar, lediglich der Sequenzer bietet entsprechende Optionen. Selbst Stift und Papier sind bei dieser Flut an Parametern keine Hilfe. Das wiederum treibt an zum Aufnehmen und Performen statt endlosem Tweaken von Presets, was durchaus ein Antrieb zum Fertigstellen von Tracks sein kann. Letztlich also reine Geschmacksache.

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"Übrigens, das Black System III gibt's auch als Soundbank für Zampler und MPCs..."

Fazit

Mag man bei den einleitend gelisteten Features noch einen Vergleich mit der Ausstattung eines deutlich günstigeren Synthesizers suchen, ist die Skepsis schon nach wenigen Augenblicken dahin. Die Vielfalt und Flexibilität eines Modularsystems wird hier konsequent in die Tat umgesetzt. Schon alleine mit nur einem Oszillator, Filter und dem Sequenzer lassen sich rockige Hooks, rotzige Basslines oder perlende Arpeggios zaubern, dass es nur so kracht. Kommen dann noch die Effekte hinzu (vielleicht sogar moduliert durch den Sequenzer?), wird die Spielwiese endlos. Für so ziemlich jedes vermeintliche Limit gibt es einen Workaround, der sogar noch tieferes Eintauchen ins Tüfteln ermöglicht. Etwa der Joystick, wie im Kasten beschrieben.

Klar, das Black System III ist kein Schnäppchen und der Preis liegt sogar nur sehr knapp unter der Summe der Einzelmodule, andererseits entspricht der Output genau dem, was man sich von hochpreisigen Analogen verspricht und in Sachen Flexibilität ist es einem Synthesizer in dieser Kampfklasse sogar haushoch überlegen. Top!

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Bewertung
Name
Erica Synths Black System III
Pro
  • hochwertiger Klang
  • Spaßfaktor
  • Verarbeitung
  • klangliche Flexibilität
Contra
  • hoher Preis
  • LFO zu schnell
Preis
4.500 EUR
Bewertung
(83%)
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