Test

Test: Moog Sirin - Der Minitaur Synthesizer in groß

Über sieben Jahre ist es schon wieder her, dass Moog den monophonen Analog-Synthesizer Minitaur auf den Markt gebracht hat. Der Minitaur sollte als moderne Fassung des Moog Taurus den Bassbereich abdecken. Taurus ist ein Basspedal aus den 70er-Jahren und legendär für seinen abgrundtiefen und drückenden Bass, der jedes Glas im Regal zum Wackeln bringt. Moog hat sich beim Minitaur an der Schaltung des Taurus orientiert, wie sein Vorbild ist dieser kleine Synthesizer für den Desktop daher ein echtes Bassmonster. Nachteil dieser speziellen Schaltung ist aber, dass der Tonumfang nach oben hin beschränkt ist. Höher als zur Notennummer 72 (= C4 auf der Tastatur) lässt sich der Minitaur nicht spielen. Für Bässe reicht das natürlich völlig aus. Allerdings klingt der Minitaur so gut, dass sich auch problemlos cremige Leads oder perlende Arpeggios damit erzeugen lassen. Da schmerzt es dann doch, wenn bei C4 nach oben hin Schluss ist. Mit Sirin schafft Moog jetzt Abhilfe.

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Minitaur mit erweitertem Oktavumfang

Sirin ist im Prinzip ein Minitaur im neuen Design, einziger Unterschied ist der erweiterte Tonumfang: Sirin lässt sich von E0 bis hinauf zu D8 spielen, bietet also nach oben hin über vier Oktaven mehr als der Minitaur!

Das sehr kompakte und robuste Gehäuse ist komplett aus Metall und mit dem Minitaur identisch, mit Abmessungen von ca. 22 x 13 x 8 cm passt der kleine Desktop-Synthesizer auch in ein beengtes Heimstudio. Mit gut 1,2 Kilogramm steht Sirin dabei stabil auf dem Studiotisch, die zum Benutzer hin angeschrägte Oberfläche erleichtert die Bedienung. Die Oberfläche erscheint im bunten Design, das an die Moog Grandmother erinnert. Die verschiedenen Pastellfarben haben aber auch einen praktischen Sinn: Im Gegensatz zum komplett in schwarz gehaltenen Minitaur sorgen sie für eine optische Abtrennung der einzelnen Sektionen der Klangerzeugung. Die großen Regler im klassischen Moog-Design bieten ebenso wie die beleuchteten Taster eine gute Haptik, die wichtigsten Parameter der Oszillatoren, Filter und Hüllkurven haben Sie im direkten Zugriff.

Shift-Funktionen im Blindflug

Unter der Haube bietet Sirin aber deutlich mehr Klangparameter, beispielsweise Hardsync der Oszillatoren und verschiedene LFO-Wellenformen. An diese Parameter gelangen Sie mit Hilfe des Software-Editor oder über MIDI-Controller, dank Shift-Funktionen aber auch direkt mit den Reglern der Hardware. Und damit kommen wir auch gleich zum ersten Minuspunkt, denn diese Shift-Funktionen wurden nicht auf der Oberfläche abgedruckt. Beim Minitaur wurden diese zusätzlichen Parameter im Rahmen von Updates nachgereicht und konnten daher logischerweise nicht beim Design berücksichtigt werden. Sirin besitzt diese Doppelbelegungen aber bereits im Auslieferungszustand, weshalb für uns der Verzicht beim Layout völlig unverständlich ist. Ein passender Aufdruck hätte die direkte Bedienung am Gerät deutlich erleichtert. Noch schöner wäre es natürlich gewesen, wenn Moog dem Sirin gleich ein paar Regler mehr spendiert hätte. Aber vielleicht gibt es ja irgendwann noch einmal eine Pro-Version.

Spezieller Moog-Sound

Natürlich hat Moog schon den Sub Phatty oder vor allem den Sub37 im Angebot, die ja eine ähnliche und sogar noch flexiblere Klangerzeugung nebst jeder Menge Regler bieten. Allerdings brauchen diese Synthesizer zum einen mehr Platz, zum anderen können Sie einen Minitaur oder Sirin klanglich nicht ersetzen. Der Sirin klingt ebenso wie der Minitaur im Direktvergleich erdiger und organischer, die Sub-Serie von Moog hat eher einen modernen Analog-Sound. Und diese speziellen knackigen, durchsetzungsfähigen und dabei rund und edel klingen Sounds des Sirin bekommen auch weder Mother32, Grandmother noch Model D hin. Der Sirin punktet in Vergleich zu den letztgenannten Synthesizern zudem mit voller Automatisierung aller Parameter sowie Preset-Speicher.

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Spartanische, aber gut klingende Oszillator-Sektion

Den Kern der analogen Klangerzeugung bilden zwei Oszillatoren, die wahlweise die Wellenformen Sägezahn und Rechteck bieten. Dies wirkt zunächst sehr spartanisch, zumal sich nicht einmal die Pulsweite des Rechtecks ändern lässt und entsprechend auch keine Pulsweitenmodulation möglich ist. Dafür klingen die Oszillatoren hervorragend, vor allem der dem Original-Taurus nachempfundene Sägezahn liefert bereits ohne jegliche Nachbearbeitung und Modulation das volle analoge Brett.

Klanglich nahezu identisch mit dem Minitaur

Wie oben bereits angemerkt wurde von Moogs Seite aus immer betont, dass der nach oben hin begrenzte Tonumfang des Taurus und Minitaur schaltungsbedingt ist, also der fette Bass nur auf Kosten dieser Einschränkung machbar ist. Deshalb waren wir besonders auf den direkten Vergleich mit einem Minitaur gespannt. Und wir können Entwarnung geben, denn Moog ist es beim Sirin gelungen, diese Beschränkung ohne Verlust des speziellen Klanges vor allem im Bassbereich zu umgehen. Die prägnanten Sägezahnwellen beider Synthesizer klingen nahezu identisch. Die Rechteckwelle des Minitaur klingt etwas reiner, beim Sirin geht sie klanglich schon einen Tick Richtung Sägezahn. Bei Einsatz von Filter & Co. verschwimmen diese minimalen Unterschiede aber.

Gleichmäßige Schwebungen, knackige Bässe

Eine Besonderheit von Moog-Synthesizern ist der BEAT-Parameter. Natürlich lassen sich die beiden Oszillatoren auch auf klassische Weise leicht gegeneinander verstimmen und sorgen so für breite, schwebende und pulsierende Klänge. Diese rhythmischen Schwebungen verändern dann aber Ihre Geschwindigkeit je nach gespielter Tönhöhe und werden nach oben hin schneller. BEAT dagegen sorgt für eine gleichmäßige Geschwindigkeit, was oftmals für die musikalischeren Ergebnisse sorgt. Auch eine Reset-Funktion ist an Bord, wodurch die Oszillator-Wellenformen bei jeder Note an der gleichen Stelle starten. Dadurch klingt der Synthesizer zwar statischer, dafür haben die Sounds einen gleichmäßigen Anschlag, was wichtig für knackige Basslinien oder Kicks ist.

Hervorragende Sync-Sounds

Beim Minitaur nachträglich hinzugefügt und beim Sirin serienmäßig installiert ist die Oszillator-Synchronisation für obertonreiche Klänge. Passend dazu lässt sich nur der Slave-Oszillator in der Tonhöhe modulieren, entweder per LFO oder Hüllkurve. Hier zeigt sich ein weiterer Vorteil des erweiterten Tonumfangs des Sirin. Die metallischen und schneidenden Sync-Leads und -Bässe entstehen durch eine Modulation der Tonhöhe des synchronisierten Oszillators, und zwar von oben herab. Je höher diese Modulation ansetzt, umso stärker ist der Effekt. Hier zahlen sich die zusätzlichen Oktaven des Sirin auch indirekt hörbar aus. Und die Sync-Sounds des Sirin klingen wirklich hervorragend! Mit Hilfe der Sync-Funktion lässt sich, ähnlich wie beispielsweise beim Roland JX8P, auch eine Pulsweitenmodulation simulieren, wenn beide Oszillatoren auf Pulswelle stehen und die Tonhöhe des zweiten Oszillators per LFO moduliert wird.

Feedback-Trick für noch satteren Sound

Im Mixer lässt sich noch ein externes Audiosignal hinzumischen. Klanglich sehr ergiebig zeigt sich dabei ein Rauschgenerator, ein passend vorkonfiguriertes Kabel gibt es von TouellSkouarn unter dem klangvollen Namen Hirlostek. Alternativ können Sie den Kopfhörerausgang des Sirin mit dem Audioeingang verbinden und so den Feedback-Trick des Minimoog nachbilden. Da sich die Lautstärke des Eingangs regeln lässt, blenden Sie dann stufenlos zwischen leichter Sättigung und kräftiger Verzerrung bis hin zum Kippen des gesamten Klanges über, was dem eher trockenen und sauberen Grundklang des Sirin eine zusätzliche Klangpalette beschert.

Klassisches Moog-Filter

Auch im Sirin wurde das bekannte 24dB-Tiefpass-Kaskadenfilter verbaut. Damit erzeugen Sie cremige Leads, in Verbindung mit der sehr schnellen ADSR-Filterhüllkurve aber auch knackige Bässe, Percussion, Zocks und Zaps. Die Resonanz reicht bis zur Selbstoszillation und sorgt für herrlich harmonische Obertöne, das Filter kann bei Bedarf aber auch schön bissig klingen. Die Stärke der Hüllkuven-Modulation lässt sich für dynamisches Spielen ebenso wie die Lautstärke per Anschlagdynamik steuern, Keyboard-Tracking reicht von 0 bis hinauf auf 200 Prozent.

Flexibler LFO mit Random

Auch eine Modulation des Filters per LFO ist möglich, ebenso wie die Modulation der Tonhöhe. Der LFO stellt fünf Wellenformen zur Auswahl, inklusive Zufallsfunktion. Die Geschwindigkeit können Sie frei wählen, bis hinein in den Audiobereich. Aber auch eine Synchronisation zu MIDI-Clock für Modulationen im passenden Rhythmus ist möglich. Wie es sich für einen Solo-Synthesizer für Bässe und Leads gehört, sind auch Legato, Glide und Note-Priority umfangreich an Ihre Spielweise anpassbar. Der Verstärker verfügt über eine eigene ADSR-Hüllkurve.

Volle MIDI-Steuerung, kostenloser Editor

Alle Parameter des Minitaur senden und empfangen MIDI-Controller. In Verbindung mit dem kostenlosen Editor, der Standalone oder als Plug-in läuft, lassen sich alle Klangparameter in der DAW automatisieren und auf diese Weise z. B. Filtersweeps in den MIDI-Track aufnehmen oder einzeichnen. Der Editor speichert auch den eingestellten Klang mit Ihrem Song in der DAW ab und stellt ihn bei erneutem Laden automatisch wieder ein, mit Sirin ist also Total Recall möglich – das bieten nur die wenigsten analogen Synthesizer. Der USB-Treiber ist zudem multi-client-fähig, sodass Sie über USB sowohl Sirin spielen also auch per Editor anpassen können. So ganz stabil läuft dies aber zumindest unter Windows leider nicht. Wie schon der Minitaur wird auch Sirin nicht immer korrekt vom Editor erkannt. Wir haben dies unter drei verschieden konfigurierten Computern mit Windows 10 getestet, auf allen drei PCs traten diese Probleme ab und an auf.

Über die Shift-Funktion kommen Sie aber auch allein mit der Hardware an alle Klangparameter heran und können Sounds auf 100 Speicherplätzen direkt im Gerät speichern und abrufen.

Drei frei konfigurierbare CV-Eingänge

Nicht nur die MIDI/USB-Anbindung ist sehr komfortabel, auch in Sachen CV/Gate hat Sirin einiges zu bieten. Auf der Rückseite finden Sie drei CV- und einen Gate-Eingang. Ein CV-Eingang ist fest der Filterfrequenz zugewiesen, die anderen beiden Eingänge können Sie per Editor auf einen beliebigen Klangparameter routen. In Verbindung mit einem analogen Stepsequenzer modulieren Sie dann beispielsweise Filterfrequenz, Decay der Filterhüllkurve und Attack der VCA-Hüllkurve individuell. Sogar der Gate-Eingang kann z. B. die Wellenform der Oszillatoren umschalten oder die Ausklingzeit modulieren. Mehrere Sirin lassen sich per Polychain zu einem polyphonen Synthesizer verknüpfen. Alternativ können Sie mit einem Programm wie Sample-Robot Multisamples erstellen und diese dann im Sampler auch polyphon spielen, was im Test eindrucksvolle Pads zum Ergebnis hatte.

Kein Schnäppchen

Nicht zuletzt aufgrund der Synthesizer-Offensive von Behringer erscheint Sirin mit einem aktuellen Ladenpreis von 665 Euro ein wenig überteuert, schließlich kostet ein Behringer Model D weniger als die Hälfte. Und die in Sachen Klangerzeugung und Regler deutlich umfangreicher ausgestattete Grandmother aus gleichem Hause ist preislich nicht so weit vom Sirin entfernt.

Sirin punktet aber nicht nur mit enormer Bassgewalt, sondern auch mit einem sehr edlen und eigenständigen Sound. Und auch die volle MIDI-Steuerung, Speicherbarkeit und flexible CV-Steuerung sind für viele Nutzer wichtige Faktoren. Der nach wie vor lieferbare Minitaur ist allerdings auch gut 250 € günstiger, und beide Synthesizer sind bis auf den nach oben hin erweiterten Tonumfang nahezu identisch. Für Bässe reicht daher der Minitaur völlig aus, allerdings verlieren Sie dann die Option von Leads und Arpeggios.

Fazit

Mit Sirin erfüllt Moog den größten Wunsch aller Taurus- und Minitaur-Liebhaber und erweitert den Tonumfang um satte vier Oktaven nach oben. Damit lässt sich die potente Klangerzeugung endlich auch für Leads und Arpeggios nutzen. Klanglich gibt es keine Einbußen gegenüber dem Minitaur, sodass sich Sirin auch als fettes Bassmonster präsentiert. Abstriche müssen bei der Bedienung gemacht werden, viele Parameter sind weiterhin nur umständlich per Shift-Funktion oder über den Editor zu erreichen. Der Klang ist hervorragend, egal was Sie schrauben, denn Sirin ist ein wahrer Sweetspot-Synthesizer. Der Preis ist im Vergleich zur Konkurrenz dennoch etwas zu hoch angesetzt.

Zweite Meinung gefällig? Bei unseren Kollegen von Amazona können Sie einen weiteren Testbericht zu diesem Produkt lesen.

Bewertung
Name
Moog Music Inc. Sirin
Pro
  • edler Analogsound
  • Hardsync
  • MIDI-Steuerung
  • Konfigurierbare CV-Eingänge
  • Editor
  • total Recall in der DAW
Contra
  • Shift-Funktionen
Preis
665 EUR
Bewertung
(83%)
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