Das Nokia Lumia 625 im Test

Geschrieben von Matthias Walbröl
29.08.2013
14:24 Uhr

Als ambitionierten Angriff auf die Mittelklasse will Nokia das Lumia 625 verstanden wissen. Neben dem vergleichsweise günstigen Preis versucht das Smartphone mit austauschbaren Covern, Windows Phone 8, LTE und einem für die Lumia-Reihe riesigen Bildschirm zu punkten. Wir haben das Lumia 625 getestet.

Zum Öffnen des Lumia 625 muss man das Cover unter Einsatz des Fingernagels am Micro-USB-Port vom Monoblock hebeln.
Die Kamera hat eine Auflösung von fünf Megapixel, unterstützt durch AF und einen LED-Blitz.
Der fest verbaute Akku ist mit einer Kapazität von 2.000 mAh auch für lange Arbeitstage bestens gerüstet.
Die Slots für die Micro-SIM und Micro-SD-Karte sind direkt untereinander angebracht und gut zu erreichen.
Passend zum Cover war das Farbschema unseres Testgeräts in Orange gehalten.
In den diversen Benchmarks schafft die Hardware des Lumia 625 keine Highscores, bringt Windows Phone 8 in der aktuellen Version aber flüssig auf das Display.
Nokia Drive muss sich hinter der Navigation von Google nicht verstecken.
Kostenloses Musik-Streaming der aktuellen Chart mit Nokia Musik.
Der Equalizer bietet eine gut abgestimmte Auswahl an Profilen, die Soundausgabe via Kopfhörer überzeugt.
Vor allem bei guten Lichtverhältnissen gelingen mit dem Lumia 625 brauchbare Schnappschüsse.
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Mit dem Lumia 625 rundet Nokia das eigene Portfolio mit einem Smartphone zum günstigen Straßenpreis von mittlerweile deutlich unter 300 Euro ab. Das Display ist mit 4,7 Zoll das bisher größte der Lumia-Reihe, wenn auch die Auflösung mit den Spitzenmodellen nicht ganz mithalten kann. Dazu setzen die Finnen mit knalligen Farben bei den auswechselbaren Covern und dem optional verfügbaren Kopfhören in Kooperation mit Coloud auf eine wohl eher junge und stilbewusste Zielgruppe. Ob die Rechnung am Ende aufgeht, werden die folgenden Seiten zeigen.

Design und Haptik: Klassisch bis schrill

Auf den ersten Blick wirkt das Nokia Lumia 625 ziemlich wuchtig, was bei Abmessungen von 133,2 x 72,2 x 9,2 mm und einem Gewicht von 165 Gramm wenig verwunderlich ist. Dennoch wirkt es durch die abgerundeten Kanten des rückseitigen Covers nicht klobig. Dieses besteht aus einem halbtransparenten Plastik, was dem aufgedruckten Logo von Nokia eine gewisse Tiefenwirkung verleiht. Die matten Cover sind in verschiedenen, teils bunten Farben, aber auch im klassischen Schwarz verfügbar. Wer will, kann sein Smartphone also passend zur Kleidungsstil des Tages anpassen.

Ob davon in der Praxis aber viele Nutzer Gebrauch machen werden, scheint beim Versuch das Gerät zu öffnen doch recht zweifelhaft. Auf den ersten Blick wirkt das Lumia 625 nämlich wie ein Unibody, eine Kante zum Aufhebeln des Gehäuses sucht man vergeblich. Ein Blick in die dünne Anleitung aus der Box bringt dann Klarheit: Der Weg ans Innere des Smartphones führt über den Micro-USB-Port auf der Unterseite. Hier muss mit einem gewissen Kraftaufwand und Risiko für die eigenen Fingernägel gearbeitet werden. Dafür sitzen die Cover trotz des eher dünnen Materials nach dem Tausch bombenfest. Nach außen wird das Cover nur durch den bereits erwähnten USB-Port und den Anschluss für das mitgelieferte schwarze Headset durchbrochen. Zum Einsetzen der Micro-SIM und einer Micro-SD-Karte kommt man um das hakelige Öffnen des Lumia 625 nicht herum.

Zum Öffnen des Lumia 625 muss man das Cover unter Einsatz des Fingernagels am Micro-USB-Port vom Monoblock hebeln.

Neben dem gefälligen Design liegt das Lumia 625 auch gut in der Hand. Die abgerundeten Kanten der Cover gehen nahtlos in das durch robustes Gorilla-Glas geschützte Display über. Dazu ist das Material der Seite leicht angeraut, wodurch es sich selbst mit leicht schwitzigen Händen sicher handhaben lässt. Dafür zieht die Kunststoffoberfläche Schmutz magisch an, Fingerabdrücke sind ebenfalls gut zu erkennen. Für Umsteiger von Android oder dem iPhone zunächst gewöhnungsbedürftig ist die Anordnung der Seitentasten. Als erste Taste findet sich ganz oben hier nicht etwa die Ein/Aus-Taste, sondern die Lautstärkewippe untergebracht. Darunter folgt dann mittig die Taste zum Aktivieren des Displays und schließlich noch ein separater Auslöser für die Kamera. Alle Tasten lassen sich blind gut ertasten und haben einen guten Druckpunkt. Die Sensortasten unterhalb des Displays sind wie von Windows Phone gewohnt von links nach rechts mit den Funktionen „Zurück“, „Startseite“ und der „Suche“ über Microsofts eigene Suchmaschine Bing belegt. Leider hat Nokia die Beleuchtung der Tasten eingespart, was in dunklen Umgebungen schnell nervt.

Display: Viel Fläche, wenig Auflösung

Recht merkwürdig erscheint zunächst der Schritt von Nokia, ausgerechnet einem Smartphone im Preisbereich unter 300 Euro das bisher größte Display der Lumia-Serie zu präsentieren. Die 4,7 Zoll des 625 stecken selbst die 4,5 des Top-Modells 1020 in den Schatten. Einen ersten Wermutstropfen hinterlässt direkt im Anschluss aber der Blick auf die im Datenblatt hinterlegte Auflösung. Hier bietet das 625 lediglich 800 x 480 Pixel (WVGA). Daran ändert auch die eigentlich tolle IPS-Technik mit ihrem stabilen Blickwinkel und dem hohen Kontrast nicht mehr viel. Während bei der Navigation durch die Menüs die geringe Pixeldichte von 199 ppi kaum auffällt, wirken kleine Schriften im Browser unscharf und sind eher anstrengend zu lesen. Hier hilft es, den Text durch heranzoomen zu vergrößern.

Ähnlich sieht es mit Bildern aus, die durch die geringe Auflösung einen unscharfen Touch bekommen. Dies gilt natürlich auch für Videos, wobei sich hier eher die nicht optimale automatische Regelung der Helligkeit bemerkbar macht. Sie ist eher in die Richtung Stromsparen hin optimiert. In hellen Umgebungen kommt man um das manuelle Einstellen der maximalen Helligkeit kaum herum. Dafür schlägt sich das Display bei der bei vielen Smartphones kritischen Bildqualität im Freien wacker. Unterm Strich war die Entscheidung für die WVGA-Auflösung bei Nokia wohl auch eine Kostenfrage.

Bedienung und Features: Flüssig dank Windows Phone 8

Keinen Ansatz für Mängel bietet der Bedienkomfort des Lumia 625. Nokias grundsätzliche Entscheidung für Windows Phone zahlt sich an dieser Stelle voll aus. Trotz der im Vergleich zu vielen Konkurrenten unter Android eher schwachen Hardware geht es ohne spürbare Verzögerungen vom Startbildschirm zu den einzelnen Apps oder mit einem Wischer nach links zu den Einstellungen. Ebenso hat man sich das gute Angebot an vorinstallierten Apps schnell an die passende Stelle gezogen.

Passend zum Cover war das Farbschema unseres Testgeräts in Orange gehalten.

Die Beschränkung auf einen Homescreen stört nicht, da jede Kachel Zusatzinformationen wie die Anzahl der neuen Kurznachrichten enthalten kann. Zudem lassen sich die Kacheln in drei verschiedenen Größen skalieren. Wer will, kriegt so bis zu 24 Apps auf den Bildschirm ohne scrollen zu müssen. Positiv ist auch, dass Nokia bei der Softwareausstattung nicht gespart hat. Überzeugen kann neben dem Kartendienst „Here“ vor allem die Navigation via „Drive“, zumal sich das komplette Kartenmaterial schon vor der Fahrt im heimischen WLAN bequem auf das Smartphone ziehen lässt. Die mobile Variante von Microsofts Offices ist den vergleichbaren Office-Lösungen von Drittanbietern auf iOS und Android naturbedingt ein gutes Stück voraus, zumal es mit dem Lumia 625 sieben Gigabyte freien Onlinespeicher bei Microsofts Cloud-Dienst SkyDrive zur Ablage der eigenen Dokumente gibt.

Einen Anteil an der guten Bedienung hat auch der gute Touchscreen, mit dem präzise Eingaben kein Problem sind. Durch das große Display gelingen Eingaben über die Bildschirmtastatur problemlos, selbst wenn das Gerät hochkant gehalten wird. Allerdings kommen Nutzer mit normal großen Händen bei einer Diagonale von fast 12 Zentimetern mit dem Daumen nicht mehr in die äußeren Ecken des Displays, was die einhändige Bedienung manchmal etwas schwierig macht. Dafür kann man das 625 bei Bedarf trotz über die Hand gezogener Handschuhe steuern.

Gute Performance, starker Akku & Fazit

In den diversen Benchmarks schafft die Hardware des Lumia 625 keine Highscores, bringt Windows Phone 8 in der aktuellen Version aber flüssig auf das Display.

Prozessor, Speicher und Co.: Genug Leistung plus LTE

Wenig beindruckend liest sich die Hardware-Ausstattung des Lumia 625. Eine Dual-Core-CPU mit 1,2 Gigahertz und 512 Megabyte Arbeitsspeicher würde unter Android nicht einmal mehr für das untere Mittelfeld reichen. Der AnTuTu Benchmark liefert einen Wert von 9.382 Punkten, wobei man dieses Ergebnis nur schwer mit den Highscores der Spitzenmodelle mit dem Betriebssystem von Google vergleichen kann. Letztendlich zählt für den Nutzer allein die Frage, ob die Technik alle Funktionen des Smartphone flüssig und ohne lange Wartezeiten beim Start auf das Display bringt. Da die Hardware bei Windows Phone 8 gut auf das Betriebssystem abgestimmt ist, reicht die vorhandene Leistung vollkommen aus, so lange es kein grafisch aufwendiges Spiel sein soll.

Abseits der reinen Leistung der verbauten Hardware ist der zur Verfügung stehende maximale Speicherplatz für viele ein weiterer wichtiger Faktor für eine mögliche Kaufentscheidung. Hier geht Nokia einen guten Mittelweg. Fest verbaut sind beim Lumia 625 acht Gigabyte interner Speicher, von dem knapp fünf Gigabyte zur freien Verfügung stehen. Über eine Micro-SD-Speicherkarte kommen dann noch einmal bis zu 64 Gigabyte hinzu. Darüber hinaus punktet das Smartphone mit dem für die Preisklasse eher unüblichen LTE, soweit dieses vom eigenen Provider angeboten wird. Auch sonst geht es mit HSPA+ und schnellem WLAN mit dem Internet Explorer gefühlt zügig durch das Web, auch wenn der via SunSpider 0.9.1 durchgeführte Web-Benchmark mit 1.140 ms nicht überragend ausfällt. Vermisst haben wir dagegen Extras wie USB-OTG und MHL.

Akku: Fest verbauter Langläufer

Zweigeteilt fällt das Zwischenfazit beim Akku aus. Seine Kapazität ist mit 2.000 mAh gemessen an der Hardware, die er zu versorgen hat, ausreichend dimensioniert. Fraglich ist nur, warum Nokia trotz des Einsatzes von Wechselcovern auf einen fest verbauten Akku setzen musste. Wer bei längeren Touren ohne Zugriff auf eine Steckdose auf der sicheren Seite sein will, kommt um den Transport eines externen Akkupacks für den Notfall nicht herum. Wirklich nötig scheint dies aber nur bei sehr intensiver Nutzung des 625 bei voller Displayhelligkeit über den gesamten Tag. In unserem Testdurchlauf mit einigen Benchmarks, Videos, dem Einsatz als Musikspieler und Radio sowie einer kurzen Strecke mit der Navigation stand der Füllstand des Akkus am Ende des Tages immer noch über der Marke von 50 %. Bei normaler Nutzung sollte das Nokia 625 bis zum fälligen Tankstopp an der Steckdose zwei Tage locker durchhalten.

Der fest verbaute Akku ist mit einer Kapazität von 2.000 mAh auch für lange Arbeitstage bestens gerüstet.

Kamera: Bei Licht gut, nachts nahe am Totalausfall

Die im Lumia 625 verbaute Kamera hat eine Auflösung von fünf Megapixeln, unterstützt durch einen eher unterdurchschnittlichen LED-Blitz. Prinzipiell gilt für die Aufnahmen die gleiche Zusammenfassung wie für etliche andere Smartphone-Kameras: So lange die Lichtverhältnisse gut sind, gelingen mit dem 625 auch durchaus brauchbare Aufnahmen. Geht das Licht des Tages zur Neige, fällt die Qualität der Bilder drastisch ab. Insbesondere das starke Bildrauschen verhindert schöne Schnappschüsse, der Blitz leuchtet Szenen auch auf kurze Distanzen nicht gleichmäßig aus. Dazu hat die Kamera Probleme mit unterschiedlichen Lichtverhältnissen in einem Motiv. Details im Schatten saufen dann komplett ins Schwarze ab.

Die Kamera hat eine Auflösung von fünf Megapixel, unterstützt durch AF und einen LED-Blitz.

Gut gefallen dagegen Videos in Full-HD. Der Autofokus arbeitet zügig, Schwenks geraten in der Regel ruckelfrei. Dafür fehlt dem 625 ein Bildstabilisator, wodurch Hobby-Regisseure eine ruhige Hand brauchen. Davon abgesehen gelten hier die gleichen Einschränkungen wie schon bei den Fotos im Hinblick auf Licht und dunkle Bildbereiche. Eine ebenfalls vorhandene Frontkamera bietet lediglich VGA-Auflösung, was für ein wenig Videotelefonie aber eichen sollte. Als Paket mit der separaten Kamerataste und den reichhaltigen Optionen und Funktionen zur Nachbearbeitung über die jeweiligen Apps schneidet die Kamera gut ab.

Multimedia: Kostenloses Musikstreaming und satter Sound

Wenn das Lumia 625 HD-Videos schon nicht in voller Pracht auf das eigene Display bringt, klappt zumindest die Übertragung auf geeignete Zuspieler im Heimnetzwerk via DLNA. Wirklich stark zeigt sich das Smartphone dann bei der Musikwiedergabe. Die App von Nokia sortiert Musik nach Künstlern, Alben oder Songs und erlaubt das Erstellen von Wiedergabelisten. Der Equalizer bietet eine sinnvolle Auswahl an Profilen, die sich aber erst bei eingestecktem Kopfhörer wirklich bemerkbar machen. Über die Lautsprecher wirkt der Sound sehr blechern, dafür ist das mitgelieferte Headset durchaus brauchbar, auch wenn es nicht gerade hochwertig verarbeitet wirkt.

Wer nicht auf die eigene Musiksammlung auf der Speicherkarte zugreifen will, hat über Nokias Musikdienst Zugriff auf etliche Streaming-Kanäle zu diversen Stilrichtungen und Charts, darunter auch die deutschen Singlecharts. Die Songs werden jeweils als Mix abgespielt und können vor dem Aufbruch via WLAN auf das Smartphone geladen werden. Der Dienst ist grundsätzlich kostenlos. Einzige Einschränkung: Pro Stunde können nur sechs Songs aus dem vorgefertigten Mix übersprungen werden. Umgehen lässt sich die Sperre zusammen mit einigen Zusatzoptionen für knapp vier Euro im Monat.

Kostenloses Musik-Streaming der aktuellen Chart mit Nokia Musik.

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Fazit

Ein fest verbauter Akku und eine etwas geringe Auflösung des Displays, viel mehr kann man dem Nokia Lumia 625 in der Endabrechnung nicht vorwerfen. Sowohl die Apps von Nokia als auch Windows Phone 8 sind Geschmackssache. Im Alltagstest vermissen auch Anhänger von Android erstaunlich wenig. Hinzu kommt die flüssige Bedienung durch das schlank gehaltene Betriebssystem, eine lange Laufzeit pro Akkuladung und nicht zuletzt der günstige Straßenpreis von unter 300 Euro. Das einzige wirkliche Problem des Lumia 625 ist die Konkurrenz aus dem eigenen Haus. Das bereits länger erhältliche Lumia 920 ist mittlerweile für knapp 300 Euro erhältlich und hat bei einem kleineren Display die bessere Auflösung sowie eine bessere Kamera an Bord.

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