Test

Dell XPS 12: Zwischen Sofa und Schreibtisch

Convertibles, die Mischung aus Notebook und Tablet-PC, sind keine neue Erfindung. Schon seit über zehn Jahren bemüht sich diese Geräteklasse um nennenswerte Marktanteile – bisher vergeblich. Mit den neuen Modellen, die in den letzten Wochen und Monaten vorgestellt wurden, könnte sich das ändern. Ein Vertreter dieser neuen Hoffnung ist das XPS 12 von Dell.

Der Grund für das Nischendasein von Convertibles lag bisher vor allem im Betriebssystem. Windows 7, Vista oder XP mit dem Finger zu steuern, ist kein Spaß. Selbst mit einem Eingabestift ist es recht umständlich, die Benutzeroberfläche ist eben für die Steuerung mit Maus und Tastatur konzipiert. Mit Windows 8 ist das anders: Das User Interface ist dank großer Kacheln und Bedienelemente sowie einigen Wischgesten nun auch für Tablets zu gebrauchen, einen vollwertigen Desktop für alle klassischen Anwendungen gibt es aber nach wie vor – zumindest in der Windows-8-Version, die für herkömmliche x86/x64-Prozessoren vorgesehen ist. Und genau solch einer werkelt im Dell XPS 12. Damit ist das Gerät beides: Klassisches Windows-Notebook und modernes Windows-Tablet in einem.

Design

Als schlicht und elegant lässt sich das Äußere des XPS 12 beschreiben. Das schwarze Gehäuse ist aus einem sehr robusten Karbon-Glasfaser-Gemisch gefertigt, der Deckel zusätzlich in einem stabilen Aluminiumrahmen eingefasst, der gleichzeitig den Klappmechanismus für das 12,5 Zoll große Touch-Display bildet (Details dazu weiter unten). Zusammengeklappt ist das Gerät 2,3 Zentimeter hoch, davon entfallen auf den Deckel lediglich acht Millimeter. Auf dessen Rückseite prangt ebenfalls im Alu-Look das Dell-Logo. Die übrigen Maße betragen 31,8 x 21,8 Zentimeter.

Auf der Unterseite sorgen zwei schmale, leicht hervorstehende Gummistreifen für einen kleinen Abstand zwischen Gerät und Tisch, so dass die Abluft aus den Lüftungsschlitzen entweichen kann. Die Tasten des Keyboards liegen nicht eng beieinander, sondern sind durch etwa drei Millimeter breite Zwischenräume voneinander getrennt, was ebenfalls sehr edel aussieht – zumal die Tastatur mit einer zweistufigen Hintergrundbeleuchtung ausgestattet ist. Darunter liegt das Touchpad, das mit 10 x 6,2 Zentimetern recht viel Platz und eine Handballenerkennung bietet.

Die Maustasten heben sich optisch nicht vom restlichen Touchpad ab, nur ein sehr feiner hellgrauer Strich trennt linke und rechte Maustaste voneinander. Das Display ist von einem vergleichsweise breiten Rahmen umgeben. Das ist für ein Notebook ziemlich ungewöhnlich, allerdings für ein Windows-8-Tablet nötig: einige Gesten des neuen Betriebssystems setzen nämlich voraus, dass man von außen ins Display hineinwischt – und das geht mit einem breiten Rand besser.

Haptik

Das Dell XPS 12 wiegt exakt 1519 Gramm inklusive Akku, der sich nicht herausnehmen lässt. Das ist für ein Notebook dieser Größe völlig in Ordnung, für ein Tablet aber doch ganz schön schwer. Wer es bequem auf dem Sofa benutzt, bekommt schnell lahme Arme. Erschwerend kommt nämlich hinzu, dass man es nicht links und rechts mit zwei Händen festhalten und gleichzeitig vernünftig bedienen kann. Dafür ist das Display zu groß, man kommt schlicht nicht überall mit den Fingern hin. Also heißt es mit einer Hand festhalten und mit der anderen Wischen oder – wenn die Kraft nachlässt – auf den Schoß oder Tisch ablegen. Alternativ: Das Gerät wie ein Zelt vor sich stellen – das geht mit einem Tablet nicht.

Die Handballenablage und die Unterseite sind mit einer dünnen Gummischicht überzogen, was beim Tippen und bei der Benutzung als Tablet den nötigen Halt gibt. Die Tasten bieten einen guten Druckpunkt, fühlen sich aber beim Tippen etwas wackelig an. Dennoch gehört die Tastatur mit zu den besseren – auch für Schnellschreiber. Sie biegt sich selbst bei starker Beanspruchung nicht durch, wie der Rest des Geräts macht die komplette Einfassung einen sehr stabilen und absolut hochwertigen Eindruck. Was den Abstand zwischen den einzelnen Tasten angeht: Das ist zuerst Geschmacks-, letztlich aber wohl Gewöhnungssache.

Display

Der Bildschirm gehört zu den Prunkstücken des XPS 12. Es handelt sich um ein IPS-Display mit Full-HD-Auflösung (1.920 x 1.080 Pixel). Das entspricht einer Pixeldichte von 176 Pixel pro Zoll (dpi): Einzelne Pixel sind nicht auszumachen, Bilder werden gestochen scharf dargestellt, Schwarz wirkt satt und kräftig. Allerdings muss man manchmal schon sehr genau hinschauen, da Texte häufig sehr klein geraten. Gorilla-Glas von Corning sorgt dafür, dass das Display nicht zerkratzt, aber auch dafür, dass es sehr stark spiegelt – wie es bei fast allen Notebooks und Tablets der Fall ist.

Vorteil beim XPS 12: Dank des extrem hellen Bildschirms werden Reflexionen einfach überstrahlt. Außeneinsätze unter strahlend blauem Himmel machten im Test keine Probleme. Im gleißenden Sonnenlicht wird’s natürlich auch hier schwierig. Ein weiterer Pluspunkt ist die hohe Blickwinkelstabilität. Selbst bei annähernd 180 Grad bleiben Farben stabil und kippen nichts ins Gegenteil. Das ist wunderbar, wenn sich mehrere Leute um das Convertible versammeln, um zum Beispiel einen Film zu schauen: Auch wer außen sitzt, bekommt alles mit. Beim Wechsel vom Quer- ins Längsformat und umgekehrt lässt sich der Bildschirminhalt fast zwei Sekunden Zeit, um mitzudrehen – fast schon etwas viel.

Bedienung

Es gibt die unterschiedlichsten Ansätze, ein Notebook in ein Tablet zu verwandeln. Manche Hersteller setzen auf ein Scharnier, das den Deckel einmal um die vertikale Achse dreht und dann auf die Tastatur legt. Einige erlauben des dem Nutzer, den Deckel so weit nach hinten zu biegen, dass das Display quasi die Rückseite des Notebooks bildet. Und wieder andere bauen auf der Deckelrückseite einfach einen zweiten Monitor ein.

Dell geht einen weiteren Weg: Das XPS 12 nutzt einen speziellen Klappmechanismus. Dabei lässt sich das Display innerhalb des Alurahmens um 180 Grad um die horizontale Mittelachse drehen und zusammen mit dem Rahmen flach auf die Tastatur legen. Die ganze Konstruktion wirkt sehr stabil und bildet, anders als die wackelige Scharnierlösung, keine Sollbruchstelle. Das Display rastet mit Hilfe von je zwei Nippeln am oberen und unteren Rand in den Rahmen ein und sitzt dann sehr fest. So lässt sich der Touchscreen auch im Notebook-Modus nutzen, ohne das eine Berührung den Bildschirm aus der Halterung springen lässt.

Anders sieht es aus, wenn man das XPS 12 am Display packt, um es mal eben vom Arbeits- ins Wohnzimmer zu tragen. Dabei passiert es schon, dass man plötzlich nur noch den Alurahmen in der Hand hält. Also Vorsicht! Solange das Display nicht fest im Rahmen eingerastet ist, funktioniert die Tastatur nicht. So laufen Anwender nicht Gefahr, versehentlich eine Taste zu drücken, wenn sie das XPS 12 zum Tablet zusammenfalten.

Im Tablet-Modus kommt der Windows-Button häufiger zum Einsatz, der sich unterhalb der langen Display-Seite befindet – iPad-Nutzer müssen sich umgewöhnen. Der Knopf dient einzig und alleine dazu, zwischen der Kacheloberfläche und der zuletzt geöffneten App hin und her zu schalten. Alles Weitere geschieht über Wischgesten, bei denen der Benutzer den Finger am Rand ansetzt und auf das Display zieht. Tut er das von rechts, erscheint das so genannte Charms-Menü mit Einstellungen und weiteren Funktionen (Suche, Teilen etc.).

Die gleiche Aktion führt auf der gegenüberliegenden Seite dazu, dass die zuvor angezeigte App ins Bild gezogen wird. Macht der Finger dabei auf halbem Weg Halt und kehrt zurück zum Bildschirmrand, öffnet sich eine Übersicht der aktuell laufenden Anwendungen. Von unten hereingezogen lässt der Finger das App-spezifische Kontextmenü erscheinen. Das Wischen von oben wiederum erlaubt es dem Benutzer, zwei Apps nebeneinander zu positionieren. Damit setzt das XPS 12 anders als Android-Tablets oder das iPad stark auf Gestensteuerung, die man zugegebenermaßen erst einmal erlernen muss, die dann aber in der Praxis durchaus gut funktioniert. Dieses Bedienkonzept ist allerdings zu einhundert Prozent Microsoft anzulasten, denn alle Windows-8-Tablets lassen sich auf diese Weise steuern.

Noch zwei Sätze zum Ein-/Aus-Schalter: Den hat Dell auf der linken Seite in Form eines Schiebers angebracht, der etwas fummelig zu benutzen ist. Nicht immer reagiert er sofort, ein normaler Knopf wäre hier vielleicht die bessere Wahl gewesen. Dafür gibt es gleich daneben eine praktische Lautstärkewippe, die nicht nur im Tablet-Modus funktioniert und den Umweg über die Tastenkombination [Fn]+[F11]/[F12] oder die Menüs erspart.

Betriebssystem und Features

Auf dem XPS 12 läuft Windows 8 Pro (64 Bit). Dabei handelt es sich um die vollwertige x86/x64-Version von Microsofts neuem Betriebssystem mit voll funktionsfähigem Desktop. Das heißt: Es lassen sich nicht nur Apps aus dem Windows Store für die Kacheloberfläche installieren, sondern auch klassische Desktop-Anwendungen. Das macht den Testkandidaten zu einem waschechten Windows-Notebook. Was vorinstallierte Software angeht, hat sich Dell zurückgehalten: Ein Backup-Tool sowie eine Anti-Diebstahl-Lösung gehören um Lieferumfang – das war’s zum Glück schon.

Über den Windows Store kann das Betriebssystem zudem kostenlos auf die Version Windows 8.1 upgedatet werden. Mit Windows 8.1 kommt auch der schwer vermisste Start-Button wieder zurück.

Prozessor, Speicher & Co.

Im Innern unseres Testgeräts werkelt ein Intel Core i7-3517U. Es handelt sich dabei um einen ULV-Prozessor (Ultra Low Voltage) mit einem maximalen Stromverbrauch von 17 Watt. Die beiden Kerne der Dualcore-CPU sind mit 1,9 GHz getaktet, können aber bei Bedarf bis auf drei GHz hochgetaktet werden (Turbo Boost 2.0) und dank Hyper-Threading bis zu vier Threads gleichzeitig bearbeiten. Entsprechend war die Performance im Test: Für die Kompression von 10,7 GB verteilt auf über 24.000 Dateien (hauptsächlich Office-Dokumente und Bilder) mit Winrar (Standardeinstellungen) benötigte das XPS 12 sehr gute 20:25 Minuten

 Auch das Abspielen von drei Full-HD-Filmen gleichzeitig stellte kein Problem dar. Eine dedizierte Grafikkarte hat das Convertible nicht zu bieten. Der integrierte Grafikchip Intel HD Graphics 4000 bedient sich am acht GB großen DDR3-Speicher, für passionierte Spieler ist das XPS 12 daher nichts: Aktuelle Titel überfordern die Hardware. Komplettiert wird das Gerät von einer 256 GB großen SSD (Samsung PM830), die im Test ebenfalls mit guten Werten glänzen konnte: Ein Ordner mit über 20.000 JPEGs und einer Gesamtgröße von 48,8 GByte wurde innerhalb von 11:29 Minuten von einer auf die andere Partition kopiert.

Eine einzelne 4,7 GB große Datei benötigte lediglich 52 Sekunden. Die Geschwindigkeit beim Hochfahren von Windows ist geradezu atemberaubend: 13 Sekunden für einen Kaltstart (Schnellstartoption deaktiviert), acht Sekunden für das Erwachen aus dem Ruhemodus und gerade einmal zwei Sekunden aus dem Energiesparmodus.

Akku

Der Akku hat eine Kapazität von 47 Wattstunden und ist fest im Gehäuse eingebaut. Den Akku selber zu wechseln, ist also nicht ohne weiteres möglich. Hier hat sich der Hersteller leider vom Trend auf dem Smartphone-Markt inspirieren lassen, den Energiespeicher fest mit der übrigens Hardware zu verlöten. Im Laufzeittest, bei dem wir alltägliche Arbeit simulieren (im Web surfen, E-Mails schreiben und senden, Dateien kopieren, Video anschauen) und die Display-Helligkeit auf einen mittleren Wert stellen, musste das XPS 12 nach 5:42 Stunden wieder ans Stromnetz.

Das ist ein durchschnittlicher Wert. Man merkt eben, dass klassische Komponenten und zum Beispiel kein stromsparender aber leistungsschwacher ARM-Mobilprozessor im Innern arbeitet. Für die entsprechende Leistung muss der Anwender eine im Vergleich zu anderen Tablets kürzere Laufzeit hinnehmen – trotz ULV-Prozessor. Wer übrigens den Ladestand des Akkus überprüfen möchte, ohne das Gerät anzuschalten, drückt auf den kleinen Knopf auf der rechten Gehäuseseite. Fünf kleine LEDs zeigen daraufhin zumindest ungefähr an, wie viel Saft noch drin steckt – praktisch, wenn auch keine neue Erfindung.

Anschlüsse und Schnittstellen

Zwei USB-3.0-Anschlüsse, ein Display-Port-Ausgang und eine Buchse für die Kopfhörer – mehr physische Anschlüsse gibt’s nicht. HDMI, Speicherkartenleser oder LAN-Port? Fehlanzeige. Auf letzteren kann man in Zeiten von WLAN noch gut verzichten, trotzdem muss unser Testkandidat in dieser Disziplin die größte Kritik einstecken. Wenigstens einen Display-Port-zu-HDMI-Adapter hätte Dell beilegen können, um das Convertible trotzdem an einen Fernseher anzuschließen. Auch bei den drahtlosen Schnittstellen hat sich Dell auf das Nötigste beschränkt: Nur WLAN 802.11 a/g/n und Bluetooth 3.0 sind an Bord. Bluetooth 4.0 und ein UMTS-Modem wären schön gewesen. LTE und NFC wagen wir in diesem Zusammenhang gar nicht zu erwähnen. Immerhin: Wireless Display unterstützt das XPS 12. Doch auch dafür braucht es in den meisten Fälle noch Zusatzgeräte, um Bilder drahtlos auf einen externen Monitor zu übertragen.

Kamera

Um es kurz zu machen: Für Fotoaufnahmen ist die integrierte Webcam über dem Display nicht zu gebrauchen. Die Kamera-App bietet als maximale Auflösung 0,9 Megapixel an, das erinnert an graue Digicam-Steinzeit. Bei Videoaufnahmen bzw. -übertragungen erreicht sie eine Auflösung von 1,3 Megapixeln, was für Videochats geradeso ausreicht. Insgesamt wirken aufgezeichnete Videos aber zu dunkel und stark verrauscht.

Multimedia

Je einen Lautsprecher hat Dell auf der linken und rechten Seite des Gehäuses angebracht. Trotz der geringen Größe ist der Sound vergleichsweise voluminös und nicht so blechern, wie man es von vielen Notebooks – vor allem in diesem Format – kennt. Aber bei hoher Lautstärke fangen die Boxen des XPS 12 ebenfalls an zu scheppern. Für den richtigen Musikgenuss müssen also auch in diesem Fall externe Lautsprecher oder Kopfhörer her. Zusätzlich sitzt ein Mikrofon über dem Display, die zwei winzigen Öffnungen sind aber kaum wahrnehmbar. Was die sonstige Multimedia-Tauglichkeit angeht, bietet unser Testgerät dank Windows 8 so ziemlich alle Optionen im Umgang mit Audio- und Videomaterial. Bloß einen HDMI-Ausgang müssen Benutzer – wie schon angesprochen – schmerzlich vermissen.

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