News

NSA-Skandal: Zurück zur Schreibmaschine?

Im Zuge des NSA-Skandals gibt es erste Forderungen vom Computer auf die Schreibmaschine zu wechseln. Wer solch eine Anregung tatsächlich ernsthaft vorschlägt, sollte sich jedoch noch einmal ganz grundsätzlich mit Geheimdiensten und Kommunikationstechnologie auseinandersetzen, denn er hat offenbar nichts verstanden.

In einem Fernseh-Interview äußerte Patrick Sensburg, dass der NSA-Untersuchungsausschuss des deutschen Bundestages anstelle von Computern mit altmodischen Schreibmaschinen arbeiten könnte. Man habe sogar eine mechanische Schreibmaschine auf Lager. Nun werdet ihr euch fragen, wer denn dieser Sensburg ist. Patrick Sensburg ist der Vorsitzende eben jenes Untersuchungsausschusses.

In einer Zeit, in der jede Form von elektronischer Kommunikation überwacht und aufgezeichnet wird, ist diese Schnapsidee auf den ersten Blick vielleicht sogar plausibel. Speziell, wenn es um sensible Informationen geht. Andererseits kann auf diese Idee nur jemand kommen, der nicht wirklich verstanden hat, zu was Geheimdienste in der Lage sind und was technologisch alles möglich ist.

Linktipp – E-Mails mit PGP und Thunderbird sicher verschlüsseln

Ein guter Hacker – und die NSA dürfte sehr viele gute Hacker haben – kommt in beinahe jeden Rechner, sofern er ungeschützt ist. Geheimdienste haben außerdem bereits während des Kalten Krieges Methoden entwickelt, wie sie aus dem Tastenanschlag der Schreibmaschine auf die getippten Buchstaben schließen können. Die Anzeige von Röhrenmonitoren kann noch mehrere Meter entfernt ausgelesen werden, ohne dass das Display tatsächlich einsehbar ist. Keylogger und Trojaner tun ihr übriges.

Mittlerweile gibt es Programme, die alleine durch den typischen Tastenanschlag an einer Tastatur eine Person zuverlässig identifizieren können. Ein Mitloggen des Textes über den Rhythmus des Verfassers ist da nur noch ein kleiner Schritt. Mikrofone und Kameras von Smartphones sind außerdem in der Lage immer zuzuhören – wie sollte sonst die Entsperrung via Gesichtserkennung oder der Sprachbefehl „OK, Google“ im Stand-By-Modus möglich sein.

Eine Verschlüsselung des eigenen Rechners und der E-Mails mit AES und PGP sind die einzigen Methoden, die derzeit als größtenteils sicher gelten. Aber auch sie haben Schwachstellen. Zum Beispiel könnte der Bootloader der Rechners kompromittiert werden. Bei der PGP-Verschlüsselung gibt es zudem Gerüchte, dass ein essentielles Element bereits vor Jahren von der NSA so beeinflusst wurde, dass der Geheimdienst den Schlüssel errechnen kann.

Linktipp – TrueCrypt, Bitlocker und FileVault: Drei Programme um seine Daten vor Spionen zu sichern

Eine Rückkehr zur alten Technologien, auch zur Schreibmaschine, würde nichts bringen. Einzig ein Schritt nach vorne könnte helfen: Erstens ist eine konsequente Ende-zu-Ende-Verschlüsselung jeglicher elektronischen Kommunikation notwendig. Zweitens muss die Politik die Geheimdienste an die Kandare nehmen. Ein einfacher Hacker oder auch ein Hacker-Netzwerk hat nicht die Ressourcen, um einen PGP-Schlüssel zu knacken, ein Geheimdienst dagegen schon.

Mehr zum Thema
zur Startseite