Ratgeber

Sprachen lernen per App

Die Werbung klingt vielversprechend: Schnell vor dem Urlaub noch einen Crashkurs in der Landessprache des Erholungsgebietes absolvieren und das bequemer und günstiger als mit etablierten Sprachenkursen. Kann das funktionieren?

Von der Grundidee her leuchtet der Vorteil von Apps wie Babbel und Busuu zumindest schnell ein. Statt einen Sprachkurs mit festen Terminen an der Volkshochschule oder Uni zu belegen, lassen sich die Lektionen am Smartphone oder Tablet perfekt in die eigene Freizeit integrieren. Dazu ist er auf dem eigenen Gerät bei Pausen und Wartezeiten immer griffbereit und als Schnupperkurs in der Regel sogar kostenlos. Im direkten Vergleich zu einem trockenen Kurs in Buchform mit CD-Begleitung hat eine App zudem deutlich mehr Möglichkeiten den Kurs inaktiv zu gestalten.

Die Kandidaten: Babbel gegen Busuu

Für unseren Vergleich treten mit Babbel und Busuu die beiden aktuell wohl populärsten Vertreter gegeneinander an. Beide Apps sind für Android und iOS verfügbar. Ausgeklammert bleiben dabei die Zusatzangebote über die jeweiligen Communitys im Web, die in Konkurrenz zu Onlinekursen von Anbietern wie Duolingo, LingQ, Livemocha und Rosetta Stone stehen.

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Obligatorisch ist sowohl bei Babbel als auch bei Busuu eine Registrierung als Nutzer. Neben dem Login über einen vorhandenen Account bei Facebook und Google+ kann hier auch ein separates Konto eingerichtet werden. Außer einer gültigen Mailadresse und dem Vornamen werden hierbei keine persönlichen Daten abgefragt.

Nach der Anmeldung stehen 12 Sprachen zur Auswahl. Das Angebot konzentriert sich im Wesentlichen auf europäische Sprachen, es gibt allerdings auch feine Unterschiede. Bei Babbel hat man offenbar ein Herz für die Sprachen Skandinaviens und kann auch Niederländisch lernen. Für Fernreisende gibt es darüber hinaus Kurse in Indonesisch. Noch mehr internationales Flair gibt es bei Busuu. Hier stehen unter anderem Arabisch, Chinesisch und Russisch auf dem Lehrplan.

Die Methode: Zuhören und Nachmachen

Ist die passende Sprache gefunden, stehen dem Sprachschüler bei Babbel zwei Anfängerkurse zur Verfügung. Ergänzt wird das Angebot durch zusätzliche Themengebiete. Einige wie die 100 wichtigsten Wörter oder Essen und Getränke sind für die eigene Urlaubsvorbereitung besonders interessant. Als Extra gibt es auch einen speziell auf den Urlaubseinsatz zugeschnittenen Crashkurs. Abgerundet werden die Lektionen durch separate Lerneinheiten zur Grammatik.

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Neue Wörter werden in einem mehrstufigen System eingeführt, womit diese sich tatsächlich recht schnell einprägen. Zunächst werden sie von einem Muttersprachler lediglich vorgelesen. Im folgenden Schritt muss das Wort einem passenden Motiv zugeordnet werden. Der Schwierigkeitsgrad steigt im Anschluss kontinuierlich. Zunächst werden die fraglichen Wörter noch aus den Silben kombiniert, dann aus den einzelnen Buchstaben. Am Ende steht die freie Eingabe über die Tastatur.

Bei Busuu funktioniert der Einstieg ähnlich: Vokabeln einprägen und mit den richtigen Begriffen verknüpfen. Statt die Wörter danach aber einfach zu schreiben, werden Sie hier in einen Dialog verwendet. Anschließend stellt die App Fragen zum gerade gehörten Gespräch, am Ende wartet ein abschließender Test zu den Inhalten der abgeschlossenen Lerneinheit. Die größte Abweichung zu Babbel liegt aber im direkten Austausch mit den anderen Usern. Während Muttersprachler die ersten eigenen Gehversuche in der neuen Sprache unter die Lupe nehmen, ist man gleichzeitig auch Lehrer und korrigiert die Texte anderer User. Die Einbindung einer Community ist generell keine schlechte Idee. Die Qualität hängt allerdings stark von der Motivation des freiwilligen Helfers ab.

Wenig Content im Gratis-Bereich

Letztendlich trübt sich der bis dahin ordentliche Ersteindruck viel eher an sehr schnell erreichten Paywall. Bei Busuu sind lediglich die drei ersten von 20 Einheiten in unserem Anfängerkurs frei zugänglich. Für Nutzer von Babbel stehen zwar alle Lehreinheiten zum Ausprobieren offen, können ohne Abo aber nicht abgeschlossen werden. Wer sich für den Urlaub also nur ein paar Brocken der Landessprache aneignen will, erhält bei Babbel unterm Strich etwas mehr Content. Zielgerichtetes Lernen der Fremdsprachen ist ohne die Premium-Inhalte nicht möglich.

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Das kürzeste Babbel-Abo für eine Sprache hat eine Laufzeit von einem Monat und erscheint mit 9,95 € recht teuer. Zum Vergleich: Busuu bietet den kompletten Sprachkurs als Pauschale für 11,99 € an, die ersten beiden vollständigen Lektionen auf dem Anfängerbereich gibt es für 3,50 €.

Top oder Flop: Der Praxistest

Im Selbstversuch sind wir bei beiden Angeboten gut durch die ersten Einheiten im Kurs Spanisch gekommen. Dies dürfte aber vorwiegend an den wenigen Sonderfällen bei der Aussprache und der verständlichen Grammatik liegen. Deutlich härter wird es, wenn man sich ohne professionelle Hilfe an Sprachen wagt, denen die Verbindung zwischen der germanischen und romanischen Sprachfamilie fehlt. Ein freundliches Hallo und die Bestellung von zwei Bier traut man sich zwar auch auf Polnisch schnell zu, die Fortschritte werden hiernach aber kontinuierlich kürzer. Die Apps können einen richtigen Lehrer gerade beim Feinschliff an der vor allem im asiatischen Raum oft wichtigen Aussprache nicht wirklich ersetzen. Ein paar freundlich gemeinte Worte bleiben trotzdem bei jeder Sprache schnell hängen. 

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