Test

Huawei Ascend G615 - Schnäppchen-Smartphone im Test

Der chinesische Smartphone-Hersteller Huawei drängt derzeit mit Hochdruck auf den Smartphone-Markt. Mit seinem Ascend G615 liefert der Hersteller deshalb ein top-ausgestattetes Android-Schnäppchen, das es für einen Preis von unter 300 Euro mit dem Google Nexus 4 oder Samsung Galaxy S2 Plus aufnehmen soll. Ob Bedienung, Performance, Software und Kamera halten, was das Datenblatt verspricht, verraten wir im Test.

Unscheinbares Äußeres

Das Äußere des Ascend G615, das in Asien unter der Bezeichnung Huawei U9508 auf den Markt gekommen ist, macht eher einen biederen Eindruck. Wo die komplette verglaste Vorderseite noch durch einen gewissen Schick überzeugt, ist die abnehmbare Abdeckung auf der Rückseite aus dunkelgrauem Plastik. Es ist zwar nur wenige Millimeter dicker als das Nexus 4, wirkt aber trotzdem ein wenig klobig. Die exakten Maße betragen 13,8 x 6,8 x 1 Zentimeter. Einzig der schwarz glänzende Rahmen, der das Display umgibt, verleiht dem Huawei G615 eine gewisse Eleganz. Optisch lässt sich mit dem Modell jedenfalls nicht prahlen. „Unscheinbar“ trifft es am besten. Dass die Ecken sanft abgerundet sind, verstärkt diesen Eindruck nur noch.

Angenehme Haptik

Auf den ersten Blick ist es nicht zu sehen, aber wenn man das Smartphone in die Hand nimmt, fallen sofort zwei Dinge auf: Erstens sind alle vier Kanten abgeschrägt und werden nach hinten hin breiter. Und zweitens ist der Rahmen, der sich um die Vorderseite zieht, um den Bruchteil eines Millimeters höher als das Display. Warum sich der Hersteller gerade für letzteres entschieden hat, ist uns nicht ganz klar. Optisch bringt es nichts und auch für die Haptik hat es keinen Vorteil. Dafür bietet die Rückseite zumindest einen guten Griff. Das Huawei G615 liegt sicher in der Hand, mit anderen Smartphones und ihren rutschigen Rückseiten hat man da schon mehr Probleme. Das Gewicht von 148 Gramm ist typisch für Geräte dieser Größe.

Helles Display und satte Farben

Das sehr helle Display ist 4,5 Zoll groß und damit 0,2 Zoll kleiner als das des Nexus 4. Auch die Auflösung ist mit 720 x 1280 in der Breite unwesentlich geringer. Diese Abstriche fallen im Alltag aber kaum in Gewicht, zumal Huawei die drei obligatorischen Android-Buttons Home, Zurück und Menü als Sensortasten nicht innerhalb, sondern unterhalb des Displays platziert hat. Das bringt Platz für die eigentlichen Bildschirminhalte.

Die IPS+-Anzeige ist ausgesprochen hell und zeigt Farben extrem satt und kräftig an. Das Schwarz ist sehr dunkel und wirkt keineswegs ausgewaschen. Die hohe Pixeldichte von 326 ppi (Pixel pro Zoll) sorgt für eine scharfe Darstellung und weiche Kanten. Selbst bei einem Betrachtungswinkel von annährend 180 Grad bleiben Bild und Farben stabil. Dass das Display wie nahezu alle Konkurrenten spiegelt, stört kaum. Nur bei strahlendem Sonnenschein und wolkenlosen Himmel muss man vielleicht die Hand schützen darüber halten. Ansonsten bietet der Bildschirm keinen Anlass zur Kritik.

Flotte Bedienung

Auch dank des starken Prozessors (s. unten) lässt sich das Ascend G615 ohne Verzögerungen und Ruckler steuern. Auf der rechten Seite finden Benutzer ganz oben den Ein-/Ausschalter, darunter die Lautstärkewippe. Beide Knöpfe reagieren prompt und bieten einen knackigen Druckpunkt. Die drei Sensortasten unter dem Bildschirm sind da schon etwas widerspenstiger und reagieren nicht gleich auf jede Berührung. Vorteil: User drücken die Knöpfe nicht unbeabsichtigt. Zudem quittieren die Buttons Eingaben in der Standardeinstellung mit einer kurzen Vibration. Das lässt sich aber abschalten. Die Bildschirmsperre ist in Form eines Kreises angeordnet, aus dessen Mitte der Anwender das Schloss-Symbol in eine der vier Himmelsrichtungen zieht. Osten entsperrt das Display und führt zum Homescreen. Norden, Süden und Westen aktivieren direkt die Kamera-, Telefon- oder SMS-App. Diese Anordnung lässt sich konfigurieren und mit individuellen Apps belegen.

Sauberes Android 4.0.4: Betriebssystem und Features

Viele Hersteller passen Android mit einer eigenen Benutzeroberfläche und zahlreichen Apps an, die nicht zur Standardausstattung des Betriebssystems gehören. Huawei scheint davon nicht viel zu halten und installiert ein reines Android 4.0.4 – zumindest fast. Denn ein paar eigene Apps spendieren die Chinesen ihren Kunden schon. Dazu gehören folgende Anwendungen

  • All Backup: Sichert Kontakte, SMS, Einstellungen, Protokolle, E-Mails etc. auf Micro-SD-Karte
  • Dateimanager: Unterstützt auch komprimierte Archive
  • Security Guard: Blockiert unerwünschte Anrufe, bietet Passworttresor und Dateiverschlüsselung
  • DLNA: Nutzt das den DLNA-Standard, um Multimediadateien an kompatible Geräte (Fernseher, HiFi-Anlagen, Spielekonsolen, Wohnzimmer-PCs etc.) zu übertragen
  • Film Studio: Stellt rudimentäre Schnittfunktionen für Videoclips bereit
  • Sound Aufnahme: Ein einfacher Voice-Rekorder
  • Taschenlampe: Nutzt die Foto-LED auf der Rückseite als Taschenlampe mit drei Helligkeitsstufen
  • Musik+: Einfacher Musikplayer
  • Notizen: Digitaler Notizblock
  • Radio: Empfängt UKW-Radio, wenn Kopfhörer angeschlossen sind
  • Tastatur: Das On-Screen-Keyboard hat uns im Test überhaupt nicht gefallen, die Wortvorhersagen waren oft falsch bzw. unbrauchbar. Die Standrad-Tastatur von Android – ebenfalls an Bord – macht ihre Arbeit besser.

Hinzu kommen noch eine Hand voll Hintergrundbilder und drei Themes, von denen der Nutzer eines aktivieren muss. Wer sein Android-System lieber selber von Grund auf einrichtet und Apps aus dem Play Store installiert, wird mit dem G615 seine Freude haben. Obwohl der Hersteller wenig am Original-Betriebssystem geändert hat, sind die wichtigsten Anwendungen aber natürlich an Bord. Völlig überladen – wie etwa viele Modelle von HTC und Samsung – ist unser Testgerät zum Glück nicht.

Noch ein paar Worte zur Android-Version: Das Smartphone kommt mit Android 4.0.4 (Ice Cream Sand, aktuell ist derzeit 4.2.2. Ein Update hat Huawei für März angekündigt. Ob es sich dabei um Android 4.2 oder „bloß“ 4.1 handelt, ist noch unklar. Letzteres ist aber wahrscheinlicher und würde dem Smartphone nochmals mehr Performance sowie den digitalen Assistenten Google Now spendieren.

Prozessor, Speicher und Co.

Das Ascend G615 wird von einem Vierkernprozessor mit 1,4 GHz angetrieben, eine Eigenentwicklung von Huawei. Ihm zu Seite steht ein GByte RAM, halb so viel wie beim Nexus 4. In den Performance-Tests (s. unten) musste es sich ebenfalls dem großen Rivalen von Google geschlagen geben, gerade die Geschwindigkeit des Arbeitsspeichers ließ im Vergleich arg zu wünschen übrig. Insgesamt platziert sich das G615 jedoch im oberen Mittelfeld, was die Leistung von Prozessor, Grafikeinheit und internem Speicher angeht. Apropos: Der eingebaute Speicher hat eine Kapazität von acht GByte, für eigene Dateien und Apps bleiben jedoch nur 5,29 GByte übrig. Das alleine wäre äußerst mager, allerdings lässt sich die Kapazität mit einer Micro-SD-Karte um satte 32 GByte erhöhen. Das ist eine Möglichkeit, die das Nexus 4 und auch viele andere Smartphones leider nicht bieten. Die geringe Kapazität ist aber einer der Abstriche, die es Huawei ermöglichen, das G615 für rund 300 Euro in den Handel zu bringen, denn viel Speicherplatz treibt auch immer den Preis nach oben.

Der SunSpider-Benchmark sowie der Browsermark 2.0, die die Leistungsfähigkeit des Browsers testet, liefern hingegen sehr enttäuschende Ergebnisse. Der Standard-Browser unter Android 4.0 ist noch nicht Chrome und dafür bekannt, nicht die besten Leistungen hinzulegen. Da heißt es dann, einen alternativen Browser aus dem Play Store zu installieren oder auf ein Update warten.

Solider Akku

Der Energiespeicher hat eine Kapazität von 2.230 Milliamperestunden und lässt sich bei Bedarf austauschen – anders als beim Nexus 4 und vielen anderen Smartphones. Im Praxistest zeigte sich, dass eine Ladung völlig ausreicht, um über den normalen Arbeitstag zu kommen. Bei der Wiedergabe eines Full-HD-Videos bei maximaler Bildschirmhelligkeit brachte es das Gerät auf knapp vier Stunden. Das ist okay. Bei der Akkulaufzeit hat das G615 also keinerlei Überraschungen zu bieten – weder positive noch negative.

Anschlüsse und Schnittstellen

Genau zwei physikalische Anschlüsse hat das Ascend G615: Etwas weiter oben auf der linken Seite finden User den Micro-USB-Anschluss, um das Smartphone aufzuladen oder mit dem PC zu verbinden. Dabei unterstützt das Smartphone verschiedene Anschlussmöglichkeiten, von denen der Benutzer einen als Standard festlegt oder jedes Mal einen auswählt: „Mediengerät (MTP)“ erlaubt den Zugriff auf den kompletten internen Speicher sowie die Speicherkarte, „Kamera (PTP)“ hingegen nur auf das Foto- und Videoverzeichnis. Die Option „HiSuite“ verbindet das G615 mit der PC-Software von Huawei, die beim ersten Mal auch gleich installiert wird. Über „USB-Massenspeicher“ schließlich wird nur der Inhalt der SD-Karte angezeigt. Auf USB-OTG müssen die Nutzer verzichten: Externe Geräte wie etwa Speicher-Sticks lassen sich nicht nutzen. Kabel und Ladegerät liegen übrigens bei. Die obere Seite ziert der 3,5-Millimeter-Klinken-Ausgang für Kopfhörer. Diese gehören aber nicht zum Lieferumfang.

Was drahtlose Schnittstellen angeht, ist das G615 mit dem Nötigsten ausgestattet. Unterwegs geht es per GPRS/EDGE (Klasse 10) sowie HSPA+ (max. 21 MBit/s Download) und HSUPA (max. 5,76 MBit/s Upload) online. Wo verfügbar, springt der WLAN-Chip (802.11 b/g/n) ein. Bluetooth 3.0 HS ist ebenfalls dabei. HS steht für Highspeed und soll Datentransfers mit bis zu 24 MBit/s ermöglichen – vorausgesetzt, die Gegenstelle macht mit. NFC und LTE sind nicht an Bord.

8-Megapixel-Kamera mit Effekten

Die Hauptkamera auf der Rückseite erreicht eine Auflösung von acht Megapixeln (3.264 x 2.448 Pixel) bei Fotos und 1.920 x 1088 Pixel bei Videos. Sie leidet wie fast alle Smartphone-Kameras unter Problemen mit schlechten Lichtbedingungen: In der Dämmerung oder in dunklen Räumen fängt das Bild schnell an zu rauschen, das gilt gleichfalls für Videos. Die LED neben der Linse hilft in den meisten Fällen auch nicht weiter, sondern gibt Aufnahmen im Zweifelsfall einen eher unnatürlichen Anstrich. Aber vor allem bei Tageslicht können sich die Fotos sehen lassen: Die Farben sind kräftig, wenn auch der Dynamikumfang zu wünschen übrig lässt – ein Mobiltelefon ist eben keine Spiegelreflexkamera mit entsprechendem Objektiv. Die Digicam auf der Vorderseite ist mit 1,3 Megapixeln (1.280 x 960 Pixel) bzw. (1.280 x 720 Pixeln) nochmal eine Nummer schlechter, was für Videochats oder das schnelle Selbstporträt reicht – mehr aber auch nicht. Die Kamera-App stellt verschiedene Effekte a là Instagram sowie Verzerrungsfilter für Spaßaufnahmen zur Verfügung. Ein Autofokus und Optionen für unterschiedliche Aufnahmesituationen (Einzel- oder Serienbild, HDR, Panorama etc.) komplettieren den Funktionsumfang der Anwendung. Für eine Handy-Kamera macht die verbaute Optik im G615 vor allem bei Fotos insgesamt eine ordentliche Arbeit, die Optionen und Bearbeitungsfunktionen der Kamera-App laden dazu ein, die Kamera oft und gerne zu benutzen.

Magere Multimedia-Ausstattung

Das G615 hat weder einen (Micro-)HDMI-Ausgang noch MHL zu bieten. Mit Letzterem wäre es möglich, Bilder über den Micro-USB-Port an externe HDMI-Bildschirme anzuschließen. So ist der Nutzer auf die Multimedia-Tauglichkeit von Android angewiesen – immerhin hat Huawei eine DLNA-, Musik- sowie eher mager ausgestattet Videoschnitt-App vorinstalliert. Einzig das DLNA-Programm weiß wirklich zu überzeugen. Es dient sowohl als Client wie auch als Server, spielt also Medien ab und überträgt sie selbst zu kompatiblen Geräten wie zum Beispiel Fernseher.

Die Lautsprecher auf der Rückseite des Geräts liefern für ihre Größe einen erstaunlich guten Klang, ohne großartig zu scheppern – selbst bei hoher Lautstärke. An Volumen und Bass fehlt es dem Sound natürlich schon, dafür bieten die Minilautsprecher einfach zu wenig Resonanzkörper.

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Name
Huawei Technologies Co Huawei Ascend G615
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